1859 OÖsterreichs Ultimatum. Preußens Neutralität. 321
schieden werden könne. Er wußte jetzt, daß ganz Europa
die Schuld des Friedensbruches auf Osterreichs Rechnung
setzen würde. Und so war es. In England, wo man bis-
her mit starkem Mißtrauen auf Napoleon gesehen hatte, be-
geisterte sich das Volk für Italiens Auferstehung. Rußland
machte vier Armeecorps mobil, um eintretendes Falls einen
österreichischen Triumph zu verhindern. Preußen erklärte in
einem Rundschreiben vom 26. April, daß es sich fortan auf
die Beschützung des Bundesgebiets beschränken, übrigens aber
in neutraler Stellung verharren würde.
Jedoch eine neue Wendung stand bevor, welche den
Sinn des Regenten bis zu einem gewissen Grade wieder zu
Osterreich hinüber lenkte. Während die französischen Truppen
in größter Eile nach Italien hinübergeschafft wurden, erhob
sich in Parma das Volk am 1. Mai und verjagte seine Re-
gierung. Am 3. Mai erklärte Napoleon, daß Osterreich durch
llberschreiten des Tessin den Frieden gebrochen habe; durch
Osterreichs Schuld sei es jetzt dahin gekommen, daß entweder
Osterreich bis zu den Alpen herrschen, oder Italien bis zur
Adria frei werden müsse. Dies widersprach aber den An-
schauungen des Prinz-Regenten durchaus. Bei allem Mit-
gefühl für Italiens elende Lage war er doch entrüstet über
den napoleonischen Ubermuth, welcher eigenmächtig die vor
vierzig Jahren gegründete Ordnung Europas umzuwerfen
unternahm. Er wünschte heilsame Reformen in Italien, aber
keinen Umsturz der Throne, keine Verschiebung der Grenzen.
Es war derselbe Standpunkt, von dem aus er die den
italienischen so ähnlichen deutschen Verhältnisse beurtheilte
und zu behandeln wünschte. Wie fest er auch überzeugt war,
daß dereinst das Schwert Preußens die deutsche Einheit
v. Sybel, Begründung d. dentschen Reiches. II. 21