1859 Osterreichs Erbitterung gegen Preußen. 333
lungsvorschlag erschien beiden streitenden Parteien in solchem
Maaße unannehmbar, daß sie sich unter einander auf das gerade
Gegentheil desselben vereinigten. Der Prinz, nach seinem
Rechtsgefühl, hatte Osterreich den Besitz Lombardo-Venetiens
sichern, dafür aber den Verzicht auf die Hegemonie über Mittel-
italien auferlegen wollen. Statt dessen trat Osterreich die
Lombardei ab, und Napoleon stellte ihm die Fortdauer jener
Hegemonie in Aussicht. Offenbar hatte dem preußischen
Cabinet damals eine ausreichende Kenntniß der italienischen
Zustände gefehlt, um zu dem entsprechenden Urtheil zu ge-
langen, daß hier eine Vermittlung überhaupt nicht mehr mög-
lich, und jede Reform der Verwaltung gleichbedeutend mit
dem Sturze sowohl der österreichischen als der päpstlichen
Herrschaft war. Wollte man nicht willenlos die von Oster-
reich geforderte Waffenhülfe leisten, so wäre dann nichts übrig
geblieben, als unbedingte Neutralität, bis nach der französi-
schen Besetzung Venetiens der Krieg an den deutschen Bundes-
grenzen von selbst erloschen wäre.
Wie dem auch sei, das Wiener Cabinet war namentlich
seit Napoleon's Einflüsterungen von bitterem Grolle gegen
Preußen erfüllt. Gleich nach Villafranca verkündete zwar
Napoleon der Welt, er habe Frieden geschlossen, um den
herandrohenden Ausbruch eines neuen, schweren Kriegs mit
Preußen und Deutschland zu vermeiden, Franz Joseph aber
ließ sich dadurch nicht abhalten, im formellen Gegensatz zu
dieser Erklärung seinerseits öffentlich die Anklage gegen Preußen
zu erheben, er habe die Lombardei geopfert, weil er von dem
nächsten, natürlichen Bundesgenossen verlassen worden sei.
Der Prinz-Regent, der eben seine Hecresmassen an den Rhein
vorrücken ließ, war empört. Zwischen beiden Cabinetten