1859 Die kurhessische Verfassungssache am Bunde. 345
weitere Kreise der Bevölkerung um ihre wackern Vertreter
zu sammeln. Gerade die erste Kammer war einstimmig in
der Opposition, und auch die Mehrheit der zweiten, obwohl
weniger geschlossen, als die erste, blieb doch auch unerschütter-
lich bei ihren Anträgen stehen, und fügte denselben zuletzt
noch einige weitergehende Begehren hinzu. Da Hassenpflug
ein Einvernehmen beider Kammern zu einem gemeinsamen Be-
schlusse der Ständeversammlung verhinderte, so gelangten
endlich an den Bundestag die gesonderten Anträge der beiden
Kammern, beide mit der Erklärung, daß ihre Anderungsvor-
schläge ein untheilbares Ganze bildeten, und außerdem Seitens
der Regierung eine Reihe Anderungsvorschläge an ihrem
cigenen Werke, um für die Zukunft auch jene Regungen einer
bescheidenen Opposition unmöglich zu machen. Diese Acten-
stücke ruhten dann beinahe zwei Jahre lang bei dem hessischen
Ausschuß des Bundestags, bis endlich 1859 das Drängen
des Casseler Hofes den Referenten, den Badenser Freiherrn
Marschall, aus der Ruhe an die Arbeit herantrieb. Mit
völliger Unbefangenheit blieb dabei der Ausschuß in der seit
1851 geübten Gewohnheit, die Landesverfassungen nach bundes-
täglicher Allmacht, unter absoluter Nichtachtung der Wiener
Schlußacte, umzuarbeiten. Die Zeiten hatten sich allerdings
seit 1852 einiger Maaßen geändert, und so dachte auch der
Ausschuß, zwar zu Ehren des monarchischen Princips dem
Kurfürsten möglichst zu Gefallen zu leben, aber doch einige
Rücksicht auch den getreuen Ständen zu schenken, da es für
diese im deutschen Volke und fast in allen deutschen Kammern
so lebhaftes Mitgefühl gab. Demnach lehnte er die kurfürst-
lichen Verschärfungsanträge ab, strich dann auch einige der
ständischen Begehren, gab aber den übrigen seine Zustimmung,