Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

26 Graf Brandenburg in Warschau. 1850 
Begehren völliger Auflösung der Union habe. Der Kriegs- 
minister von Stockhausen beschränkte sich auf die kurze, aber 
gewichtige Bemerkung, die Mobilmachung in diesem Augenblick 
werde den Krieg gegen Osterreich und Rußland herbeiführen, 
und Preußen diesen Gegnern nicht gewachsen sein. 
Hier befahl der König, die Verhandlung abzubrechen, 
und am folgenden Vormittag fortzusetzen. 
An diesem, auf lange fortwirkenden Tage, dem 2. No- 
vember 1850, fiel durch die Willenserklärung des Königs die 
Entscheidung. Gleich nach dem Beginn der Sitzung ent- 
wickelte er in einem ausführlichen Vortrag seine Auffassung 
der Lage. Auf den Einmarsch der Bayern in Kurhessen habe 
Preußen mit der gleichen Maaßregel geantwortet, darin liege 
eine völlige Compensation. Aus den Rüstungen Osterreichs 
aber, ohne Anlaß unsererseits, müsse man schließen, daß 
Osterreich den Krieg wolle. So müsse denn auch Preußen 
durch die Mobilmachung der Armee sich in den Stand setzen, 
den Krieg anzunehmen, jedoch gleichzeitig sich zur Fortsetzung 
der Warschauer Unterhandlung erbieten. Wenn Preußen, so 
in Waffen gerüstet, unterhandle, so könne es, ohne Gefahr 
für seine Ehre, seine Sprache mildern, und eine Nachgiebig- 
keit beweisen, die in anderer Lage Schwäche wäre. Es sei 
nie so nöthig gewesen, wie jetzt, daß Preußen das Herz des 
ganzen Volkes für sich habe: dies werde durch die Mobil- 
machung der Armee erreicht werden. Alle Parteien im Lande 
mit geringen ungefährlichen Ausnahmen würden sich der 
Regierung freudig anschließen; es werde ein Ausschwung im 
Lande erfolgen, der seinen Eindruck auf die Gegner, und 
damit seinen Einfluß auf die Unterhandlung nicht verfehlen 
werde.
	        
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