Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1860 Bundesbeschluß für eine neue Verfassung. 353 
grunde; so hatte der Ausschuß lediglich nach seinem subjectiven 
Ermessen hier einen Artikel geändert, dort einen andern ge- 
nehmigt, als wäre in aller Welt die Befugniß des Bundes- 
tags, in innern Landessachen materielles Recht zu schaffen, 
anerkannt. 
Natürlich blieb Preußen bei seinem Widerspruch. Auf 
der andern Seite war der König von Hannover sehr ver- 
drießlich über den Ausschuß, der in 16 Artikeln der liberalen 
Strömung nachgegeben hatte. Auch der Kurfürst von Hessen 
grollte über die Ablehnung seiner Amendements; er hatte 
ernstlich gehofft, nach deren Durchsetzung stark genug zu sein, 
um einem seiner Söhne die Thronfolge zu sichern. Indessen, 
beide Potentaten erkannten doch bald, daß Besseres als der 
Ausschußantrag nicht zu erlangen sei, und bequemten sich, 
demselben ihre unbedingte Zustimmung zu geben. So wurde 
am 24. März 1860 vom Bundestage im Sinne des Aus- 
schusses beschlossen. Mit Preußen stimmten nur die sächsischen 
Herzogthümer, Oldenburg, Waldeck, Reuß j. L., die freien 
Städte. Preußen legte darauf gegen den Beschluß, als auf 
einer Competenzüberschreitung beruhend, Protest ein, und er- 
klärte ihn für rechtlich nichtig und unverbindlich. Der stets 
leidenschaftliche Pfordten sagte, ein solches Verfahren mache 
dem Ansehen des Bundestags den Garaus, und schlug vor, 
das preußische Votum einem speciellen Ausschuß zur Censur 
zu überweisen. Indessen Osterreich, Hannover, Baden riethen 
ab, und man ließ es bei der Präsidialerklärung über die 
verfassungsmäßige Pflicht aller Regierungen zur Anerkennung 
des Beschlusses bewenden. In Privatgesprächen räumten die 
Minister Schrenck in München und von Hügel in Stuttgart 
sowie der König von Sachsen ein, man sei 1852 am Bunde 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. II. 23
	        
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