434 Verfassungsstreit in Berlin und Frankfurt. 1862
Hand des Bundestags festzuhalten. Hienach wollte man von
der Sendung der Generale nichts wissen, schlug aber vor,
bei dem Bundestage ein Inhibitorium gegen die Ausführung
der Wahlverordnungen zu beantragen, dessen Beschließung
dann die militärische Sendung überflüssig machen würde.
Nun wohl, telegraphirte Bernstorff zurück, der König will
diesen letzten Versuch noch machen; ist das Inhibitorium aber
in der nächsten Sitzung des Bundestages noch nicht beschlossen,
so reist General von Willisen nach Cassel, und Preußen
geht zur Wahrung seiner eigenen Interessen selbständig vor.
Der Telegraph arbeitete jetzt nach allen Seiten: und für die
Sitzung am 10. Mai hatten dann fast alle deutschen Höfe
mit Ausnahme von Hannover und Mecklenburg-Schwerin
ihre Gesandten zur Annahme des Inhibitoriums instruirt.
Andrerseits forderte der kurhessische Gesandte einen Auf-
schub bis zur folgenden Sitzung, der ihm nach der Ge-
schäftsordnung nicht versagt werden konnte. Da zugleich
Herr von Usedom berichtete, daß nichts möglicher sei als ein
gleicher Antrag in der nächsten Sitzung, da zugleich Herr
von Sydow aus Cassel meldete, in Folge des erlangten Auf-
schubs sei der Kurfürst siegestrunken und entschlossen, auch
dem Inhibitorium den Gehorsam zu weigern: so ließ König
Wilhelm am 11. Mai den General Willisen nach Cassel ab-
gehen, und in Wien erklären, daß eine Weigerung des Kur-
fürsten ernste Folgen nach sich ziehen würde.
Willisen erfuhr zunächst, als er auf Wilhelmshöhe bei
dem Generaladjutanten von Loßberg eintrat, daß das Ge-
heimniß seiner Sendung schlecht bewahrt worden war; Loß-
berg erklärte ihm, es sei befohlen, daß der General nur
durch den Verweser des auswärtigen Amtes, Göddäus, dem