486 Polnische Wirren. 1861
Ablösung der Roboten, Reform des Unterrichts und Herstellung
der Universität Warschau, mit dringender Empfehlung nach
Petersburg. Auch dort fanden sie eine durchaus günstige
Aufnahme. Der Kaiser, im Bewußtsein der eigenen menschen-
freundlichen Gesinnung, wollte noch nicht an die Unversöhn=
lichkeit der Polen glauben. Der Vicekanzler sah in der Ge-
nehmigung der Anträge einen großen Schritt zur Verwirklichung
seines Lieblingsgedankens, der Erneuerung eines innigen Ver-
nehmens mit Frankreich. Als der preußische Gesandte, Herr
von Bismarck, ihm einige Bedenken aussprach — nicht über
das Maaß der Gewährungen, sondern über den übelgewählten
Zeitpunkt, wo sie als erpreßt durch die Furcht vor dem
Auflauf des 27. Februar erscheinen würden — erklärte er
unwillig, in diesen innern Fragen könne Rußland auch von
dem besten Freunde sich nicht berathen lassen; Mißbräuche
abzuschaffen, wie sie bisher in der polnischen Verwaltung
bestanden, sei die Pflicht jeder Regierung; Rußland sei es
müde, fort und fort im Vergleiche mit der civilisirten Herr-
schaft Preußens und Osterreichs über ihre polnischen Lande
in Europa als der wilde Mann, als der barbarische Despot
angesehen zu werden. Genug, Wielopolski's Anträge erfuhren
noch einige Sichtung, aber in einem Ukas vom 26. März
wurde dem Statthalter die kaiserliche Genehmigung für die
Errichtung eines Staatsraths, die Bildung von gewählten
Bezirks-, Kreis= und Gemeinderäthen, die Schöpfung einer
Commission!) für das Kirchen= und das Schulwesen unter
Wielopolski's Vorsitz telegraphirt. Am 27. trat der Marquis
in sein neues Amt ein. Er war fest entschlossen, Zucht und
1) Die Ministerien führten damals im Königreich den bescheidenen
Titel „Commissionen“.