520 Preußen und Rußland. 1863
General Ramsay bat dringend um seine Entlassung und
beantragte die Ernennung des einsichtigen und kräftigen
Generals Grafen Berg zum Adlatus des Großfürsten, mit
herrschender Vollmacht über Militär= und Civilverwaltung.
Auch in Petersburg ging jetzt die vorherrschende Strömung
scharf gegen Wielopolski, dem man die verzögerte Er-
drückung des Aufstandes zur Last legte, indessen ließ sich der
Kaiser durch seinen Bruder und seinen Vicekanzler noch
mehrere Wochen von entschiedenen Schritten zurückhalten.
Ramsay erhielt einen Nachfolger, dessen größtes Verdienst
seine vertraute Beziehung zu dem Großfürsten war, und der
Kampf gegen die Rebellen schleppte sich in dem bisherigen
Schlendrian fort. Die Truppen besiegten jede Bande, mit
der sie zusammentrafen, beherrschten aber bei der völligen
Unzuverlässigkeit der polnischen Civilbehörden das Land
überall nur an dem Punkte, wo sie eben standen. So kam
gegen Ende März der Kaiser zu dem Entschluß, wenigstens
in die militärischen Operationen durch eine kräftigere Hand
Zusammenhang und Energie zu bringen, ohne jedoch die
Civilverwaltung und deren Leiter der militärischen Dictatur
vollständig zu unterwerfen. Am 30. März wurde Graf
Berg zum militärischen Adlatus des Großfürsten, d. h. zum
Höchstrommandirenden in Polen ernannt. Alle Welt sah
darin ein Vorzeichen für den nahen Sturz des polonisirenden
Systems, und die demnächstige Abberufung des Großfürsten
und Wielopolski's. Unmittelbar daran schloß sich eine weitere
Maaßregel, deren Ankündigung allerdings weniger an die
Adresse der polnischen Insurgenten, als an die der aus-
wärtigen, der polnischen Erhebung zugethanen Mächte ging.
Bisher hatte auf Anlaß der Empörung Rußland vier