542 Der Frankfurter Fürstentag. 1863
aufforderte, hatte, so viel wir wissen, wenig Beachtung ge—
funden. Jetzt aber, bei der Unpopularität der preußischen
Regierung im eigenen Lande, bei ihrem Hader mit den Mittel-
staaten, bei ihrem gespannten Verhältniß mit Frankreich und
England hielt Schmerling die Zeit zu einem entscheidenden
Schritte gekommen. Der Verfassungsentwurf war nach Fröbel's
leitenden Idcen, jedoch mit mehreren conservativen Anderungen,
längst fertig gestellt, und Schmerling gedachte, den Moment
der vermeintlichen Schwäche des Gegners zu ergreifen, und
die großdeutsche Bundesreform vermittelst der überraschenden
Maaßregel eines Fürstencongresses durchzusetzen. Rechberg,
heißt cs, verhielt sich dieses Mal wie früher zweifelnd, und
hoffte höchstens eine engere Verbindung mit den Mittelstaaten
in Frankfurt zu erlangen. Der Kaiser aber ging, von den
besten Hoffnungen erfüllt, auf Schmerling's Antrag ein.
Bei den Gasteiner Gesprächen am 3. August legte
Franz Joseph seinem preußischen Bundesgenossen einen aus-
gearbeiteten Verfassungsentwurf noch nicht vor, sondern
begnügte sich zunächst mit einer mündlichen Skizzirung
der Hauptpunkte, namentlich eines Bundesdirectoriums von
fünf Mitgliedern, und eines Bundesparlaments, aus Delegirten
der deutschen Kammern bestehend, mit lediglich berathender,
nicht beschließender Stimme. Er übergab dann dem Könige
eine Denkschrift zur nähern Begründung seiner Absichten.
Es war dies allerdings ein merkwürdiges Actenstück. Im
ersten Theile wurde die Nothwendigkeit der Reform mit einer
Schilderung des vorhandenen Zustandes begründet, wie sie
Robert Blum oder Joseph Mazzini nicht drastischer hätte
schreiben können. Seit lange, hieß es, sind die Bundesver-
träge in ihren Fundamenten erschüttert . man muß sich