Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

564 Der Frankfurter Fürstentag. 1863 
widerspreche den alten Verträgen; unmöglich könne Osterreich 
auf ein historisches Ehrenrecht seines Kaisers verzichten. 
Endlich ein Parlament aus Volkswahlen sei gleichbedeutend 
mit Revolution, Mediatisirung der Fürsten, Unterdrückung der 
Einzelstaaten. Die Summe sei, daß Preußen wie immer 
jeder fruchtbaren Entwicklung des Bundes widerstrebe. In 
seiner zornigen Erregung wartete der Graf nicht einmal die 
Befehle seines in Ischl weilenden Monarchen ab, sondern 
schlug bereits am 26. September den Frankfurter Genossen 
durch Circular-Depesche vor, die sehr leicht zu redigirende 
Widerlegung der confusen und verwickelten preußischen Sätze 
in Form einer identischen Note nach Berlin zu senden, in 
welcher dann auch die Erklärung ihre passende Stelle haben 
würde, es sei undenkbar, daß die Frankfurter Beschlüsse ohne 
praktische Folgen bleiben sollten. Dies wäre denn die An- 
kündigung des engern Bundes im Bunde, und mithin die 
Verläugnung aller Grundsätze gewesen, mit welchen Fürst 
Schwarzenberg die preußische Union, und die identischen Noten 
von 1862 das Programm des Grafen Bernstorff bekämpft 
hatten. Allein Rechberg fand für solche Gedanken bei den 
Mittelstaaten keinen Boden. Schon in Frankfurt hatte der 
bayerische Minister von Schrenck die Außerung gethan: wir 
wollen keinen Bund ohne Osterreich, aber auch keinen Bund 
ohne Preußen. Es war ja das leitende Motiv für die ganze 
damalige Politik der Mittelstaaten, die beste, wenn nicht die 
einzige Garantie ihrer Selbständigkeit und ihrer Macht in dem 
Nebeneinander der beiden Großmächte im Bunde zu erblicken, 
bei der einen den Schutz gegen die Herrschsucht der andern 
zu finden, und schließlich durch die eigene Abstimmung bei 
jeder Differenz der Beiden die Entscheidung zu geben. So
	        
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