Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

56 Olmützer Punctation. 1850 
war bereits zehn Uhr geworden; nach Ablauf einer Stunde 
glaubte Manteuffel nicht länger zögern zu dürfen, und tele- 
graphirte an Bernstorff, daß er in speciellem Auftrag des 
Königs und mit eigenhändigen Briefen der Majestäten morgen 
früh zur Zusammenkunft abreise, Olmütz vorschlage, Antwort 
auf morgen nach Breslau erbitte. Indessen wieder eine 
Stunde später, und es erschien Bernstorff's ersehntes weiteres 
Telegramm: auf den Befehl des Kaisers reist Schwarzenberg 
am 28. nach Olmütz; wenn Sie morgen Abend Berlin ver- 
lassen, kommen Sie gleichzeitig mit ihm an. 
Nach den spätern Berichten Bernstorff's war Schwarzen- 
berg höchst widerwillig an die Conferenz herangegangen, es 
hatte dem Gesandten große Mühe gekostet, ihn zur Einholung 
der kaiserlichen Willensmeinung statt sofortiger Ablehnung zu 
bestimmen. Jetzt fügte er sich und sandte am 27. nach 
Frankfurt die Aufforderung an den Bundestag, den Vormarsch 
der Bayern bis auf Weiteres zu verschieben. In denselben 
Stunden gingen Delbrück und Niebuhr zu ihren Bestimmungen 
ab, und gegen Mittag übersandte Manteuffel an Prokesch ein 
kurzes Schreiben: da er im Begriffe stehe, abzureisen, um sich 
direct Allerhöchster Aufträge bei dem Kaiser und Schwarzen= 
berg zu entledigen, scheine diese Sendung den Aufschub der 
Antwort auf die Note vom 25. bis zu seiner Rückkehr von 
selbst zu bedingen, und halte er sich des Einverständnisses 
des Gesandten mit diesem Aufschub im Voraus versichert. 
So fuhr er am Abend ab, einer Katastrophe der preußischen 
Politik entgegen, welche ihm als Errettung aus dreifacher 
Todesgefahr, dem Könige, wenn nicht als ganzer, so doch als 
halber Triumph, der übrigen Welt als entsetzliche Niederlage 
erschien.
	        
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