Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Dritter Band. (3)

94 Dänemarks Vertragsbrüche. 
dabei sehr bereit sein, wenn wir vorgingen, uns in Deutsch- 
land der Lauheit, im Auslande der Heftigkeit zu bezichtigen. 
Der Erfolg würde stets von den Entschlüssen der fremden 
Großmächte abhängen; es sei also jede Maaßregel zu ver- 
meiden, welche diesen den Anlaß zu einer feindlichen Ein- 
mischung geben könnte. Immer würde das wahrscheinliche Er- 
gebniß, auch im günstigsten Falle hinter den Anforderungen des 
populären Eifers in Deutschland zurückbleiben; ob Preußen dabei 
bestimmte Vortheile für sich gewinnen würde, sei sehr zweifel- 
haft; keinesfalls hätten wir einen Grund zu dem Wurnsche, 
daß die Holsteiner unter ihrem Herzoge sehr glücklich lebten; 
sie würden dann gar kein Interesse mehr für Preußen haben, 
während uns ein solches Interesse gelegentlich sehr nützlich 
sein könnte. Demnach sei Preußen dringend veranlaßt, so 
gerecht die Sache sei, sie mit großer Umsicht und Bedächtig- 
keit zu behandeln. Wir dürften nichts unterlassen, was unsere 
Pflicht, Deutschland nach Außen zu vertreten, gebieterisch 
fordere, niemals aber sei ohne Ssterreich ein Schritt zu thun, 
welcher Europa reizen könne. So scheine es gerathen, eigene 
Anträge am Bundestage noch aufzuschieben, bis die holsteiner 
Beschwerdeschrift vorliege; jedoch würde nichts im Wege stehen, 
gemeinsam mit Osterreich schon jetzt eine diplomatische Ver- 
wendung für die schwer bedrängten Provinzen in Kopenhagen 
eintreten zu lassen. 
Dies war das Votum des tapfersten aller Staatsmänner 
unseres Jahrhunderts über Preußens Verhalten in der ge- 
rechtesten Sache unter der damaligen Verfassung des deutschen 
Bundes. Er hatte nur zu sehr Recht. Eben deshalb ist 
aber auch das vernichtende Urtheil über eine solche Bundes- 
verfassung unaufhaltsam.
	        
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