94 Dänemarks Vertragsbrüche.
dabei sehr bereit sein, wenn wir vorgingen, uns in Deutsch-
land der Lauheit, im Auslande der Heftigkeit zu bezichtigen.
Der Erfolg würde stets von den Entschlüssen der fremden
Großmächte abhängen; es sei also jede Maaßregel zu ver-
meiden, welche diesen den Anlaß zu einer feindlichen Ein-
mischung geben könnte. Immer würde das wahrscheinliche Er-
gebniß, auch im günstigsten Falle hinter den Anforderungen des
populären Eifers in Deutschland zurückbleiben; ob Preußen dabei
bestimmte Vortheile für sich gewinnen würde, sei sehr zweifel-
haft; keinesfalls hätten wir einen Grund zu dem Wurnsche,
daß die Holsteiner unter ihrem Herzoge sehr glücklich lebten;
sie würden dann gar kein Interesse mehr für Preußen haben,
während uns ein solches Interesse gelegentlich sehr nützlich
sein könnte. Demnach sei Preußen dringend veranlaßt, so
gerecht die Sache sei, sie mit großer Umsicht und Bedächtig-
keit zu behandeln. Wir dürften nichts unterlassen, was unsere
Pflicht, Deutschland nach Außen zu vertreten, gebieterisch
fordere, niemals aber sei ohne Ssterreich ein Schritt zu thun,
welcher Europa reizen könne. So scheine es gerathen, eigene
Anträge am Bundestage noch aufzuschieben, bis die holsteiner
Beschwerdeschrift vorliege; jedoch würde nichts im Wege stehen,
gemeinsam mit Osterreich schon jetzt eine diplomatische Ver-
wendung für die schwer bedrängten Provinzen in Kopenhagen
eintreten zu lassen.
Dies war das Votum des tapfersten aller Staatsmänner
unseres Jahrhunderts über Preußens Verhalten in der ge-
rechtesten Sache unter der damaligen Verfassung des deutschen
Bundes. Er hatte nur zu sehr Recht. Eben deshalb ist
aber auch das vernichtende Urtheil über eine solche Bundes-
verfassung unaufhaltsam.