1866 Verstärkung der Garnisonen in Böhmen und Mähren. 305
auch nach München, Hannover u. s. w. veranlaßten. Es
kam dazu, daß aus Triest Meldungen über lebhafte Flotten-
rüstung umliefen, und daß das Königreich Sachsen die sonst
am 1. April Statt findende Recruten-Einstellung auf den
18. März verlegte, und Pferdeankäufe für sein Armeecorps
einleitete. Allerdings läugnete Graf Mensdorff jeden Gedanken
an einen feindlichen Angriff auf Preußen ab, erklärte die
Truppenbewegungen für harmlose, aus sonstigen Gründen
beschlossene Dislocationen, bemerkte, daß bisher nur ein
einziges Bataillon seine Reservisten einberufen habe2). Doch
konnte er nicht umhin, einzugestehen, daß diese defensiven
Maaßregeln ihre Front gegen Preußen richteten. Als der
preußische Militärbevollmächtigte, Graf Gröben, ihm in einer
Abendgesellschaft sein Bedauern aussprach, daß man bereits
von Rüstungen Osterreichs gegen Preußen reden höre, er-
widerte Mensdorff: ich kann es Ihnen natürlich nicht sagen,
wann wir rüsten; aber man muß auf der Hut sein2); die
Nachrichten aus Berlin lauten unsicher; es ist schwer zu er-
fahren, was Sie thuns); schließlich treibt in solchen Dingen
immer Einer den Andern. „Wir schützen uns vor Überrumpe-
lung", setzte seine Gemahlin hinzu. In gleichem Sinne redete
er einige Tage später auch zu dem preußischen Gesandten.
Mit jenen Dislocationen erachtete man jedoch den Schutz
1) Ahnlich erläuterte Graf Karolyi, wo eine Einberufung von Ur-
laubern Statt finde, handle es sich nicht um ausgediente Kriegsreservisten,
sondern um beurlaubte Soldaten des Friedensstandes. Die Zahl dieser
sogenannten Extraurlauber war damals übrigens aus finanziellen Gründen
sehr groß, und stieg bei manchen Bataillonen über 200 Mann, so daß
ihre Einberufung durchaus keine gleichgültige Sache war.
:) „Wir auch“, schrieb Bismarck auf den Rand eines solchen Berichts.
) Sehr begreiflich, da Herr von Roon eben nichts that.
v. Sybel, Begründung des deutschen Reiches. IV. 20