Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

320 Italienische und spanische Wirren. 1867 
Um so kecker wurde dann von der entgegengesetzten Seite 
her die Frage in Angriff genommen. Kaum hatten die 
Franzosen den Kirchenstaat verlassen, so erhob die Revolutions- 
partei ihr Haupt. Schon vorher hatte ein römisches National- 
comité den General Garibaldi dazu aufgefordert, und dieser 
ging gleich Anfang 1867 eifrig an das Werk. Der Papst 
hatte ungefähr 11000 Mann fremder Soldtruppen angeworben; 
während der September-Vertrag die Befreiung des italienischen 
Bodens von fremden Streitkräften verheißen habe, rief Gari- 
baldi, dauere hier eine fremde Kriegsmacht in der schmutjigsten 
Gestalt, eines zusammengelaufenen Gesindels aus aller Herrn 
Ländern, fort; Italien sei an den hiemit gebrochenen Vertrag 
nicht mehr gebunden. Garibaldi dachte demnach in Genua 
eine Expedition, wie einst gegen Sicilien, so jetzt gegen die 
römische Küste zu rüsten, während andere Schaaren sich in 
den Abruzzen sammeln und dann von Süden her in den 
Kirchenstaat einbrechen würden. Der König, hievon unter- 
richtet:), ging nun auch seinerseits an die Entfaltung der 
„moralischen“ Mittel, die ihm Rom als Hauptstadt verschaffen 
sollten. Am 17. Januar 1867 legte das Ministerium Ricasoli 
der zweiten Kammer einen Gesetzentwurf vor, welcher den 
Verzicht des Staates auf alle Aufsichtsrechte über die Kirche, 
auf das Ernennungsrecht der Bischöfe u. s. w. aussprach, 
die volle Freiheit der Kirche in ihren Angelegenheiten decretirte 
und ihr, nach Abzug von 600 Millionen, ihr ganzes colossales 
Vermögen, unter der einzigen Bedingung des Verkaufs ihrer 
Landgüter, zu freier Verwaltung zurückgab. Die Meinung 
war weiter, wenn der Papst den Italienern Rom überlasse, 
ihm volle Exterritorialität, also souveräne Unabhängigkeit zu 
1) Daran ist kein Zweifel möglich.
	        
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