70 Die ersten Wochen des Reichstags. 1867
von Mallinckrodt. Justitia est rognorum fundamentum,
rief er, aber an der Wiege dieses norddeutschen Bundes hat
die Justitia nicht gestanden. Er entwickelte dann, wie Preußen
die Sünde der rechtlosen Eroberung doppelt schwer gegen
Schleswig-Holstein begangen, indem es sich dort als Befreier
eingenistet und dann als Vergewaltiger geendigt habe, wie
Preußen weder gegen Osterreich noch gegen den Bundestag
einen rechtlichen Grund zum Kriege gehabt, also nur aus
Herrschsucht und Habgier den Bund gesprengt, Osterreich
hinausgestoßen, drei Fürstenhäuser verjagt, die Stadt Frank-
furt confiscirt habe, wie es durch diese Annexionen einen
wahren Bundesstaat unmöglich gemacht, und demnach jetzt
in Wirklichkeit den Einheitsstaat, ein Großpreußen anstatt
eines Kleindeutschland, vorbereite. Bismarck habe nach all
diesen Thaten von einem sechshundertjährigen Elend der
deutschen Nation gesprochen; mit bitterer Ironie bemerkte
dazu der Redner, er könne nicht füglich annehmen, daß
Bismarck den Beginn dieses Elends von der Bändigung der
Raubritter durch Rudolf von Habsburg datire; er scheine
mit gewissen Historikern (hier fiel ein Blick auf den im Hause
anwesenden Verfasser dieses Buchs) anzunehmen, daß der
ganze Verlauf unserer Kaisergeschichte eine Verkehrtheit gewesen,
weil er nicht zur Centralisation geführt habe, während doch die
Welt wisse, daß die Menge unserer Fürstenhöfe die Quelle eines
reichen und fruchtbaren Geisteslebens in allen Theilen des
Reichs geworden sei. Jedermann verstehe das Wort deutsche
Freiheit und ebenso die Worte preußische Disciplin und
Uniform. Zwinge man den deutschen Westen und Süden in
die Monotonie eines preußischen Einheitsstaats, so sei die Folge
unausbleiblich: der Despotismus und dagegen die Revolution.