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fachen Gegnerschaft maßgebender Kreise der starke Rückstand an einer
Stelle den Fortschritt auch an anderer Stelle verhindert. In Preußen
konnte eine allgemeine Erhöhung der TLehrergehälter erst auf der
Grundlage des Besoldungsgesetzes vom 28. März 1897 erreicht
werden, trotzdem das Gesetz ungemein niedrige Sätze vorschrieb
(900 bis 1800 M.). Kber dadurch, daß das Gesetz die noch tief unter
dieser Sohle liegenden hungerlöhne beseitigte, hob es den Gesamt-
stand so erheblich, daß das Gesetz vom 26. Mai 1909 nahezu die doppelten
Beträge (1400 bis 3300 bezw. 3400 M.) vorschreiben konnte. Die
Staaten mit älterer Schulgesetzgebung haben deswegen auch gleich-
mäßigere und im ganzen besser durchgebildete Derhältnisse. Kber
eben darum ist überall, auch da, wo eine veraltete Gesetzgebung die
freie Entwickelung nicht direkt hindert, darauf zu dringen, daß die
Gesetzgebung mit der Zeit fortschreitet und daß die an anderer Stelle
erungenen Lortschritte übernommen werden.
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3. Das Recht der Schulgesetzgebung ½).
(Staat und Kirche.)
Die erste Srage aller Schulgesetzgebung ist offenbar die, wem
das Recht der Schulgesetzgebung zuzuerkennen sei. Uur zwei Mächte
stehen sich hierbei gegenüber, der Staat und die Kirche. lle anderen
an der Schule direkt oder indirekt beteiligten Jaktoren: bürgerliche
Gemeinde, Schulgemeinde, Samilie, freie Dereinigungen usw.,
kommen zwar als Mitwirkende, als Träger von Schulfunktionen und
Schulrechten, aber nicht als Gesetzgeber in Betracht; sie halten ihr
Anrecht auf die Mitwirkung an der Schule vielleicht für unantastbar
und erwarten in der Schulgesetzgebung eine entsprechende Sicher-
stellung dieser „Rechte“, aber sie beanspruchen nicht, an der Gesetz-
gebung selbst beteiligt zu werden. Knders die Kirche, oder besser
die katholische Kirche. Die katholische Kirche stellt sich dem Staate
1) In diesem KNapitel ist meine Schrift: „Staats= oder Kirchenschule?“
(Leipzig, Julius Mlinkhardt), zum Aeil wörtlich, benutzt worden.