146 Hauptfragen des Krieges
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Welche Mittel besaßen wir aber, um auf England militärisch zu
drücken?
Bei Ausbruch des Krieges war ich überrascht, zu erfahren, daß
der mir geheim gehaltene Operationsplan der Marine nicht vorher
mit der Armee vereinbart worden war. Die Armee ging von der
für sie wohl erklärlichen Auffassung der Seekriegsführung und
überhaupt des Krieges gegen England als einer Nebensache aus.
Deshalb hätte es einer vor dem Krieg unter Vorsitz des Reichs-
kanzlers vorzunehmenden Aufstellung eines Einheitsplanes für einen
Dreifrontenkrieg oder Weltkrieg bedurft. Eine solche Besprechung
war aber, wie früher bemerkt, unterblieben. Nur eine einheitliche
Oberste Seekriegsleitung hätte die Autorität besessen, um während des
Krieges selbst das in der Marine angesammelte größere Maß an
Kenntnis und Urteil über die Macht Englands zur Geltung zu bringen;
eine solche Oberste Seekriegsleitung aber wurde nicht geschaffen.
Von den drei Möglichkeiten, England zu bekämpfen, will ich zunächst
die Frage der Kanalküste berühren. Ende August war vorauszusehen,
daß die Operationen der Armee uns an die flandrische Küste führen
und die Einnahme Antwerpens nur eine Frage der Zeit sein würde.
Eine Seekriegsführung von Flandern aus und eine nicht unwesentliche
Verbesserung unserer seestrategischen Lage wurde damit möglich. Da
von mir als Staatssekretär diese Aussicht in die Wirklichkeit umgesetzt
werden konnte, so ergriff ich sie mit aller Kraft, und zwar durch
Schaffung des Marinekorps und Ausbau der flandrischen Küste.
Darüber hinaus aber hätte es das Ziel einer scharfsichtigen Kriegs-
leitung sein müssen, Calais zu nehmen. Solange die Armee hoffte,
Paris zu erobern, erwartete ich, daß uns der Gewinn der Küste
von selbst zufiele. Ich lasse die Frage offen, inwieweit es richtig
war, nicht die Küste von vornherein zum Ziel zu nehmen. Unsere
Artillerie konnte auf Kap Gris Nez aufgestellt, den Verkehr durch den
Kanal erheblich erschweren, unsere Seestreitkräfte konnten von dort
aus stärker wirken. Die beständige Störung des auf die Themse
eingestellten Verkehrs hätte dem englischen Wirtschaftskörper eine schwere
Stockung zugefügt, welche damals, als die deutsche innere und äußere
Kraft noch völlig ungebrochen dastand, die Friedensgeneigtheit hätte
wesentlich erhöhen können. Dazu kam später die Möglichkeit, von