Full text: Auswahl für das Feld.

Also waren in derselben Epoche, welche die Grenzen der Ordens- 
lande zum größten Umfang erweiterte, die sittlichen Grundlagen 
der Ordensherrschaft untergraben, die Macht unversöhnlicher Feinde 
angeschwollen und für den bedrohten Ritterstaat keine Hilfe zu 
erwarten aus dem wankenden Reiche. Fast unabweislich drängt 
sich bei diesem Anblick der Vergleich auf mit der Lage des neuen 
preußischen Militärstaates in den zwei Jahrzehnten nach dem 
Tode Friedrichs des Großen. Seit langem drohte der Krieg: die 
Pommerfürsten, aufgereizt von den Polen, verlegten den Kriegs- 
völkern, die gen Preußen zogen, die Straße; König Wladislaw 
verbot seinem Kaufmann den Handelsweg durch Preußen. Zum 
Schlagen endlich kam es, als der Orden den wichtigen Netzepaß 
Driesen zur Sicherung der Verbindung mit der Neumark erworben 
hatte. Im Jahre 1410 rückte der Hochmeister Ulrich von Jun- 
gingen, so recht ein Spätling des alten Rittertums, mit dem größ- 
ten Heere, das der Orden je um seine Fahnen geschart, gen Süden. 
Nach tollkühner Ritterweise war alles auf diesen einen Wurf ge- 
setzt. Unter 65 Bannern zogen wohl an fünfzigtausend Mann 
hinaus, ein Dritteil zu Roß, sogar das schwere Festungsgeschütz 
der Marienburg ward ins Feld geführt. Am Tage der Apostel-= 
Teilung, 15. Juli, traf das Heer auf der Heide von Tannenberg 
den zweifach stärkeren Feind, die gesammelte Macht des Ostens. 
In ritterlichem Ubermute verschmähte man die überraschten Polen 
zu überfallen und forderte sie heraus zu offener Feldschlacht. 
Schon waren die Litauer geschlagen, schon hallte das Siegeslied 
„Christ ist erstanden“ aus den Reihen der Kreuziger. Da er- 
faßte Wladislaws Feldherr, der kleine Zyndram, den günstigen 
Augenblick, wo des Ordens linker Flügel im zügellosen Ungestüm 
der Verfolgung sich zerstreute. Er warf sich auf die Mitte des 
deutschen Heeres, mit ihm die böhmischen Söldner unter Füh- 
rung jenes Johann Ziska, der seinen Namen hier zum ersten 
Male dem deutschen Todfeind furchtbar machte. Und als nun 
die Eidechsenritter des Kulmerlandes verräterisch ihre Banner 
unterdrückten, da entschied sich der erste große Sieg, den die Sla- 
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