Full text: Auswahl für das Feld.

tag (14. Oktober 1413) das Kapitel, den meuterischen Marschall 
zu bestrafen. Dort tagten zusammen alle die Neidischen, über 
deren Schultern der junge Held zum Meistersitze sich empor- 
geschwungen, die geängsteten Friedensseligen und die Tiefgekränk- 
ten, die seine zornige Herrscherhand gefühlt, und Sternbergs über- 
legene Nüchternheit wußte sie also zu leiten, daß von unreinsten 
Händen die Strenge des Gesetzes geübt und Heinrich Plauen des 
Meisteramtes entsetzt ward, weil er den Orden gerettet hatte, um 
— seine Satzung mit Füßen zu treten. Aber — zu so flauem 
Endschluß gelangten in dem kläglichen Kapitel der grimme Haß 
der Jungen und der Alten kurzsichtiges Mitleid — dem unerhört 
beleidigten gefährlichen Manne gab man die bescheidene Komturei 
von Engelsburg. Dort saß der Entthronte, in der Kraft seiner 
Jahre, im öden Einerlei eines subalternen Amtes. Er sah das 
Meisteramt in Sternbergs Händen; die Mörder, die einst sich 
gegen ihn verschworen, waren begnadigt, das Land, geleitet von 
dem Stumpfsinn der Feigheit, eilte haltlos dem Verderben ent- 
gegen. Aus dem Reiche herüber klangen die wütenden Klagen 
seiner Freunde wider die „meyneyden verretters selbwachsen kotzen 
kotzen sone“, aber nur scharfe Worte konnte das Reich ihm bieten. 
Da befreundete sich endlich, so scheint es, die verbitterte Seele des 
Mißhandelten mit dem Plane, abermals, wie einst im Lager vor 
Marienburg, das Knie zu beugen vor dem Polenkönige und unter 
dem Schutze polnischer Waffen zurückzukehren in das Meisterschloß. 
Ein tragisches Geschick hat ihm versagt, durch Taten zu beweisen, 
wie groß oder wie gemein er diesen Plan verstand. Der Ver- 
kehr seines Bruder mit Polen ward entdeckt, er selbst der Mit- 
schuld geziehen und in festen Gewahrsam gebracht (1414). In 
häßlicher Prosa endet nun dies dämonische Heldenleben. Sech- 
zehn Jahre lang hatte er den Tod bei lebendigem Leibe ertragen; 
noch besitzen wir die Briefe, worin der „Aldemeister“ den neuen 
Gewalthabern klagt, daß seine Hüter Met und Brot ihm allzu- 
spärlich reichen; erst am späten Abend seines Lebens ward ihm 
abermals ein bescheidenes Amt, das Pflegeramt zu Lochstädt, zu- 
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