Full text: Auswahl für das Feld.

dorf und Sellerhausen schlossen sich etwa 3000 Mann der säch- 
sischen Truppen an die Nordarmee an; mit ihnen eine Reiterschar 
aus Schwaben. Die Preußen und Russen nahmen die Flüchtigen 
mit Freuden auf; nur den württembergischen General Normann, 
der einst bei Kitzen die Lützower verräterisch überfallen hatte, wies 
Gneisenau mit verächtlichen Worten zurück. Friedrich Wilhelms 
Ehrlichkeit aber hielt den Vorwurf nicht zurück: wie viel edles Blut 
die Sachsen dem Vaterlande ersparen konnten, wenn sie ihren 
Entschluß früher, vor der Entscheidung, faßten! Der traurige 
Zwischenfall blieb ohne jeden Einfluß auf den Ausgang der Völ- 
kerschlachtt doch warf er ein grelles Schlaglicht auf die tiefe sitt- 
liche Fäulnis des kleinstaatlichen Lebens. Das Gewissen des Vol- 
kes begann endlich irr zu werden an der Felonie des napoleonischen 
Kleinkönigtums; trotz aller Lügenkünfte partikularistischer Volks- 
verbildung erwachte wieder die Einsicht, daß auch nach dem Unter- 
gange des alten Reichs die Deutschen noch ein Vaterland besaßen 
und ihm verbunden waren durch heilige Pflichten. 
Gegen 5 Uhr vereinigte Bülow sein ganzes Korps zu einem 
gemeinsamen Angriff, erstürmte Sellerhausen und Stünz, drang 
am Abend bis in die Kohlgärten vor, dicht an die östlichen Tore 
der Stadt. Da währenddem auch Langeron auf der Rechten das 
hart umkämpfte Schönefeld endlich genommen hatte und ebenfalls 
gegen die Kohlgärten herandrängte, so war Ney mit dem linken 
Flügel der Franzosen auf seiner ganzen Linie geschlagen. Durch 
diese Niederlage ward Napoleons Stellung im Zentrum unhalt- 
bar. Noch am Abend befahl er den Pückzug des gesamten Heeres. 
Nun wälzten sich die dichten Massen der geschlagenen Armee durch 
drei Tore zugleich in die Stadt hinein, um dann allesamt in ent- 
setzlicher Verwirrung auf der Frankfurter Straße sich zu vereinigen. 
Daß dieser eine Weg noch offenblieb, war das Verdienst des 
unglücklichen Gyulay, der auch am dritten Schlachttage auf der 
Westseite nichts ausgerichtet hatte; bis zur Saale hin hielt Ber- 
trand den Franzosen die Rückzugsstraße frei. Die Hunderttausende, 
die beim Feuerscheine von zwölf brennenden Dörfern auf dem 
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