Full text: Auswahl für das Feld.

modernere Epoche. Um dieselbe Zeit ward in England unter 
schweren Wehen das Unterhaus geboren. Darauf begann das 
Jahrhundert der drei Eduards, welches trotz seines romantischen 
Glanzes in seinem Kerne schon die Keime des modernen englischen 
Staatslebens zeigt. Mit der alten Rittersitte schwand auch die 
Kunstform, die ihr Wesen aussprach, die edle Anmut des spät- 
romanischen Stiles. Aber aus dem üppigen Boden dieses reich— 
begabten Geschlechts wucherten rasch neue Gestaltungen empor. 
In Rom erstand die unheimliche Größe der Inquisition und der 
Bettelorden. Und in unserem Norden hatte bereits um das Ende 
des zwölften Jahrhunderts eine neue Entwicklung eingesetzt, minder 
glänzend vielleicht als die Politik der Staufer, aber dauernder, 
stetiger, die große Lehrzeit für die aggressiven Kräfte unseres Volks. 
Wenn einst die Franken deutschen Geist mit der antiken und christ- 
lichen Gesittung verschmolzen: jetzt trug der Stamm der Sachsen 
die Werke der Franken nach Osten. Als Heinrich der Löwe und 
Albrecht der Bär die Wenden vernichteten, als Arkonas alte Tempel- 
feste von den Dänen erstürmt und das geheimnisvolle Heiligtum 
des Swantewit durch die Christen zerstört ward, da drängten sich 
deutsche Bürger und Bauern in die verödeten Lande, wie der 
Kampf für gemeine Freiheit, die Not der Ubervölkerung, die Wut 
des Meeres oder kecke Wagelust sie ostwärts trieb. 
Ohne Verständnis, vertieft in die italienischen Händel, schauten die 
Kaiser dieser großen Fügung zu. Ja, auf Weihnachten 1214 schenkte 
Friedrich II. alle Lande jenseits der Elbe und Elde dem dänischen 
Könige. So ward unserem Norden jene Politik aufgezwungen, 
welche er seitdem getreu behauptet hat: ohne Hilfe vom Reiche, 
oftmals gegen das Gebot des Reichs, mußte er durch eigene Kraft 
handeln als ein Mehrer des Reichs. Das Bürgertum von Nieder- 
deutschland regte sich, machte die dänische Macht zu Schanden bei 
Bornhöved, und Lübeck erfocht (1234) bei Warnemünde seinen 
ersten Seesieg. Nun, in raschem Steigen, ohne jede Gunst der 
Natur an der hafenarmen Küste, erhebt sich die bürgerliche Macht. 
Die massiven Gaben deutscher Gesittung, das Schwert, der schwere 
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