Full text: Auswahl für das Feld.

als den Herrn einer Staatsgewalt, welche ihren Besitz und An— 
spruch über einen Küstensaum von hundert Meilen erstreckte. Was 
aber diesen Eroberungszug der deutschen Herren von Grund aus 
unterscheidet von der trivialen Rauflust gemeiner ritterlicher Aben— 
teurer und ihn in Wahrheit zur besten Tat des deutschen Adels 
erhebt, das ist die treue Verbindung der Kreuziger mit unserm 
Bürgertume. War der Plan des Ordens ursprünglich vermutlich 
bloß dahin gegangen, das Land zu behandeln gleich den der 
Christenheit unterworfenen Ländern des Orients, d. h. es lediglich 
zu erobern und für des Siegers politische und kirchliche Zwecke 
auszunutzen, war die Mehrzahl der Kreuzfahrer bisher nach ein— 
jähriger Kriegsreise wieder heimgekehrt, so ergab sich bald aus 
dem zähen Widerstande der erbitterten Preußen die Notwendig- 
keit, deutsche Kraft in vollerem Strome in das Land zu leiten. 
Die Bürger Niederdeutschlands wurden nach Preußen gerufen, 
eine Stadt gegründet neben jeder Hauptburg der Ritter, und nun 
erklang auch in Preußen, wie in Schlesien, das Lied der ein- 
ziehenden deutschen Ansiedler: „In Gottes Namen fahren wir.“ 
In der Kulmischen Handveste (1233) gewährte der Orden den 
neuen Ansiedlern großherzig die Freiheit des Magdeburger Rechts, 
das seitdem für die Mehrzahl der preußischen Städte den Rechts- 
boden bildete. Ja, er gestattete den Bürgern Lübecks, ihre Pflanz- 
stadt Elbing nach ihrem Rechte zu ordnen. Auf solche Gunst 
verweisend durfte er später in den Tagen der Not getrost sich 
wenden an die Bürger der Hanse, die „dieses Feld des Glaubens 
so oft mit ihrem Blute benetzt". Von diesem Kerne deutscher 
Gesittung in Städten und Ordensburgen schien das flache Land 
leicht zu bändigen. Es genügte, mochte man meinen, wenn über- 
all im Lande Kirchen erstanden, jedes Dorf erbarmungslos ver- 
brannt ward, das nach der Taufe noch den alten Göttern ge- 
opfert, und die Kinder der preußischen Edlen in deutschen Kloster- 
schulen erzogen wurden. Sehr rasch verstanden die slawisch-letti- 
schen Nachbarn in Ost und West die drohende Bedeutung der 
deutschen Pflanzung. Zu wiederholten Malen erschien der Herr 
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