Verfassung des Deutschen Reichs. 9
zu Versailles, nachdem alle sonveränen Fürsten und die
freien Städte dem König Wilhelm I. die Kaiserkrone
angeboten hatten.
Am 3. März 1871 fanden im ganzen Reiche die
Wahlen zum ersten Deutschen Reichstage nach dem Bun-
des= (jetzt Reichs-) Wahlgesetze vom 31. Mai 1869 statt.
Der Reichstag trat zum ersten Male am 21. März 1871
in Berlin zusammen. Dem zusammentretenden Reichs-
tage wurde der Entwurf eines Gesetzes, betr. die Ver-
fassung des Deutschen Reiches zur verfassungsmäßigen Be-
schlußfassung vorgelegt, welchem eine durch die allmähliche
Entstehung der Verfassungsbestimmungen in den Einzel-
verträgen nothwendig gewordene Neuredaktion einer „Ver-
fassungsurkunde für das Deutsche Reich“ beigefügt war.
Der Reichstag nahm sowohl den Gesetzentwurf (sog. Ein-
führungsgesetz) als auch den Verfassungsentwurf unver-
ändert an.
Der zum Gesetz erhobene Entwurf des Einführungs-
gesetzes und der Verfassungsurkunde wurden als Gesetz
vom 16. April 1871 — ausgegeben in Berlin am 20. April
1871 — publicirt.
Die Reichsverfassung hat seitdem folgende Abände-
rungen erfahren:
1. durch Reichsgesetz, betr. die Abänderung des Artikel 28
der Reichsverfassung, vom 24. Februar 1873,
2. durch Reichsgesetz, betr. einen Zusatz zu dem Artikel 4
Nr. 9 der Reichsverfassung, vom 3. März 1873,
3. durch Reichsgesetz, betr. die Abänderung der Nr. 13
des Artikels 4 der Verfassung des Deutschen Reichs,
vom 20. Dezember 1873,
4. durch Reichsgesetz, betr. die Abänderungen der Wehr-
pflicht, vom 11. Februar 1888, Art I (Art. 59 Abf. 1),
5. durch Reichsgesetz, betr. die Abänderung des Artikels 24
der Reichsverfassung, vom 19. März 1888. (Vergl.
auch die Anmerkungen zu Art. 60, 75, 760),