Full text: Impf-Friedhof.

Einleitung. 
Schafft die vielen Tränen der Kinder ab 
Langes Regnen ist den Blüten schädlich. 
Jean Vaul. 
.„Es ist ein trostloser Gedanke, daß es jetzt in diesem Augenblick 
noch Männer geben kann, die mit dem Geschicke des Volkes spielen. 
Ihnen wird man einst fluchen, wenn sie ein leichtsinniges Spiel mit 
den Volksrechten getrieben haben, mit jenen Rechten, die sie, bei ihrer 
Wahl, zu halten, ihr Versprechen gaben.“ So sagte Minna Cauer 
in Nr. 4 der Frauenbewegung vom 15. 2. 1912. Ein wahrhaft trostloser 
Gedanke wahrlich ist's, wenn man sieht und zusehen muß, wie die vom 
Volke, d. h. den Volksvertretern geschaffenen, von der Regierung ge- 
nehmigten, vom Kaiser und Reichskanzler unterzeichneten Gesetze 
vollkommen mißachtet werden und unbeachtet bleiben, wie eine an 
Machtdünkel leidende Regierung die Willkür zum Leitstern ihrer 
Handlungen macht, wie die derzeitigen Volksvertreter dem verwerflichen, 
schandbefleckten Spiele in Gemütsruhe zusehen, sich und dem Volke 
alles bieten lassen, und wie die herrschende Dogmenkaste, die Kliniker, 
oder, wie sie auch wohl genannt werden, die Staats= oder Schul- 
Mediziner, nicht einmal alte Dogmen und unhaltbare Gesetze nach- 
prüfen lassen mag und alle Mittel für erlaubt halt, das zu hinter- 
treiben. Dieser Gedanke ist umso trostloser, als es zur Zeit in dieser 
Frage kein Recht mehr gibt; die Aussicht, solches zu erlangen, 
ungeheuer gering, wenn nicht gleich null ist, und hier nur noch ein 
Mittel hilft: die gewaltsame Befreiung des Volkes durch eigene Kraft. 
So gering diese eine Hoffnung ist, so ist sie es doch, die mich im 
schweren Kampfe ausharren läßt, die mich mitkämpfen läßt, Schulter 
an Schulter mit den schwerbedrängten Kampfgenossen. Die Hoffnung, 
der edle Teil der Aerzteschaft, hierbei bleibt die bereits auf unserer 
Seite stehende, kleine Gruppe außer Anrechnung, würde in diesem Kampf 
um unsere Volksrechte, um Anerkennung unserer Gesetze, endlich die 
Führung übernehmen und dem gesamten Stande Ehre und Ruhm 
erobern, die ihm genau genommen gehörten, die Hoffnung ist längst 
dahin. Die Aerzteschaft als solche hat in diesem heiligen Kampf um 
Menschenrecht und Menschenachtung, um Menschenfreiheit und — 
Kindergesundheit längst verspielt. Verachtung über sie, so lange sie 
zusiebt. und verlanat, daß wehrlose Säualinge mit Schutzmanns-
	        
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