26 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz.
Entfernung, die sie zwischen sich und die alte Heimat legten, bei
den damaligen Verkehrsverhältnissen auch zu einer Loslösung
von dieser führen müßte. Und selbst wenn die Regierungen da-
mals den Willen gehabt hätten, diese über das Meer abwandern-
den Deutschen in Beziehungen zum alten Vaterlande zu halten,
würden sie nicht wohl in der Lage gewesen sein, diesen Wunsch
wirksam zu betätigen. Sie waren nicht imstande, denen, die sich
noch als Deutsche und als Angehörige ihres Heimatstaats in Deutsch-
land fühlten, im Auslande den Schutz zu gewähren, der für sie
die Zugehörigkeit zum alten Vaterlande zu einem wertvollen Gut
machte.
Meine Herren, unter diesen Umständen war es konsequent,
wenn man sagte: wir wollen den Verlust der Staatsangehörigkeit,
die im günstigsten Falle ein ideales, aber im übrigen wertloses
Gut bleibt, nicht erschweren und an möglichst einfache, klar er-
kennbare Tatsachen knüpfen.
Das hatte zwar den Nachteil, daß die Zahl der heimatlosen
Deutschen außerordentlich anschwoll; denn es war nicht ausgeschlossen,
daß eine große Anzahl derjenigen Deutschen, die durch Zeitablauf
die Staatsangehörigkeit verloren, eine neue Staatsangehörigkeit
nicht wieder erwarben.
Auf der anderen Seite hatte die Bestimmung für die da-
maligen Verhältnisse den Vorzug, daß sie die Zahl der Personen,
die mehreren Staaten angehören, die Zahl der sogenannten sujets
mixtes, nach Möglichkeit beschränkte, — vom Standpunkt der da-
maligen Staatsraison ein vollständig berechtigtes Bestreben. Die
Angehörigen verschiedener Staaten sind für die beteiligten Staaten
in der Regel nicht von Nutzen, sondern sie sind für sie eine Last.
Es ist eben die Zugehörigkeit zu zwei Staaten unter normalen
Verhältnissen ein Unding; der Mensch kann eben nicht zween Herren
dienen, und es ist unzweckmäßig, ohne zwingenden Grund — ich
werde auf die Ausnahmen kommen, die unter allen Umständen
empfehlenswert sind — die Zahl der Sujets mixtes ins Ungemessene
anschwellen zu lassen.
Meine Herren, das sind die Erwägungen gewesen, die seiner-
zeit bestimmend gewesen sind für die Vorschriften des § 21 des
Gesetzes von 1870.
Nun hat sich ja seit der Zeit außerordentlich viel geändert.
Das „eivis Germanus sum“ hat aufgehört, ein leeres Wort zu