Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

30 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz. 
bestimmungen festgelegt sind. (Vgl. Seydel, Kommentar zur Ver- 
fassungsurkunde für das Deutsche Reich Note IV zu Art. 3.) 
3. Selbstverständlich umfaßt die Bezeichnung „Deutscher“ im 81 
wie in den §§ 7, 11, 13, 14, 25, 28, 30 und 31 des Gesetzes auch Deutsche 
weiblichen Geschlechts. 
4. Das Gesetz unterscheidet unmittelbare und mittelbare Reichs- 
angehörigkeit, gibt aber keine Erläuterung der Begriffe. Erstere bedeutet 
die Eigenschaft als Deutscher im staatsrechtlichen Sinne ohne Zu- 
gehörigkeit zu einem Bundesstaat, letztere die gleiche Eigenschaft als 
Folge der Zugehörigkeit zu einem Bundesstaat. 
Allgemein betrachtet ist die Zugehörigkeit zu einem Staate (Staats-, 
Reichs= oder Landesangehörigkeit, Staatsbürgerrecht, Indigenat genannt) 
das Höchstmaß der Rechte und Pflichten, die der Staat einem einzelnen 
Menschen einräumt und auferlegt. Die Verleihung und Entziehung der 
Staatsangehörigkeit ist als Quelle und Lösung der engsten Beziehungen 
zwischen Staat und Menschen Bekundung eines staatlichen Hoheitsrechts. 
Sie stellt die Willensäußerung dar, mit welcher die Staatsgewalt von 
den Staatsangehörigen Gut und Blut, Herz und Hand fordert und zu- 
sichert, nötigenfalls ihre Macht für sie einzusetzen, oder die Untertanen 
aller Pflichten ledig spricht und die schützende Hand von ihnen zurück- 
zieht. Solche Willenserklärung kann nur von einem selbständigen 
Staaate ausgehen, der allein von seinen Untertanen Gehorsam heischen 
und ihnen verwehren kann, gleichzeitig einem anderen Herren zu dienen, 
der aber auch aus eigenem Entschlusse über die Verwendung seiner Macht- 
mittel verfügt. 
Als selbständiger Staat in diesem Sinne kann aber das Deutsche 
Reich nicht gelten; soweit es überhaupt Hoheitsrechte ausübt, besitzt es 
solche nicht unabhängig von fremdem Willen und aus eigener Kraft, 
sondern als Teilrechte, die von der Landeshoheit der Bundesstaaten ab- 
getrennt und ihm zur Handhabung im gemeinsamen Namen der ver- 
bündeten Regierungen vertragsmäßig überwiesen sind. Das gleiche gilt 
von dem Schutze der Angehörigen durch die staatlichen Machtmittel, die. 
nur zum geringen Teile hauptsächlich gegenüber dem Auslande dem 
Reiche zustehen, während der Einzelstaat auf dem großen Gebiete der 
Rechts= und Wohlfahrtspflege selbst seine Untertanen schützt. Mit diesem 
Grundgedanken scheint allerdings die mittelbare Reichsangehörigkeit in- 
sofern im Widerspruche zu stehen, als die Aufnahme und Entlassung 
aus der Staatsangehörigkeit eines einzelnen Bundesstaats Rechte und 
Pflichten gegen das ganze Deutsche Reich erzeugt oder beendigt. Die
	        
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