Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

32 B. Erläuterungen z. Reichs= u. Staatsangehörigkeitsgesetz. 
sind wie ein Recht miteinander verbunden“ (Rönne, Verfassungsrecht 
des Deutschen Reiches, Leipzig 1872, S. 104). Sie sind aber nur ver- 
bunden; denn ihre Wurzeln stammen aus verschiedenen Rechtsgebieten: 
die Staatsangehörigkeit gründet sich auf die ausdrückliche oder kraft des 
Gesetzes eingetretene Verleihung durch den selbständigen Bundesstaat, 
wurzelt also in der Landeshoheit; die mittelbare Reichsangehörigkeit 
beruht auf Art. 3 der Reichsverfassung und damit in einem Vertrage 
der sämtlichen Bundesstaaten (vgl. Seydel, Kommentar zur Verfassungs- 
urkunde für das Deutsche Reich, bei Art. 3). Die Wirkungen der mittel- 
baren Reichsangehörigkeit sind zum großen Teil in Art. 3 der Reichs- 
verfassung aufgeführt; hierzu treten noch mannigfache Bestimmungen 
in verschiedenen Reichsgesetzen, z. B. im § 1 des Reichstagswahlgesetzes, 
§ 1 des Freizügigkeitsgesetzes, § 7 des R. u. St Ges., § 17 des Bundes- 
gesetzes vom 9. November 1867, betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienste, 
§ 9 des Reichsstrafgesetzbuchs. 
Die unmittelbare Reichsangehörigkeit ist eine neuere Ge- 
setzesschöpfung; sie erscheint erstmals in § 6 des Gesetzes vom 15. März 
1888 (Röl. S. 73) wegen Abänderung des Gesetzes betr. die Rechts- 
verhältnisse der deutschen Schutzgebiete vom 17. April 1886 (RG#Bl. S.7). 
An Stelle dieser Bestimmung ist später § 9 des Schutzgebietsgesetzes 
vom 10. September 1900 (RBl. S. 815) mit dem gleichen Wortlaute 
(adgedruckt oben S. 8) getreten. Der Paragraph ist nunmehr mit Aus- 
nahme des Schlußsatzes bezüglich der Doppelbesteuerung ersetzt durch 
die §§ 33, 35 und 2 Abs. 2 des R. u. StGes. 
Die unmittelbare Reichsangehörigkeit ist ein unvollkommenes Rechts- 
gebilde, das in seinen Folgen und Rechtswirkungen zwischen der mittel- 
baren Reichsangehörigkeit und der vollen Staatsangehörigkeit steht 
und den Eindruck eines Zwischenglieds erweckt in der Entwicklung 
der einzelstaatlichen Zugehörigkeit mit der Folge der mittelbaren Reichs- 
angehörigkeit zu einer ausschließlichen Reichsangehörigkeit, welche die 
ganzen Rechtsgebiete der Staatsangehörigkeit und der mittelbaren 
Reichsangehörigkeit umfassen würde. Dermalen stellt sie sich als die 
gemeinsame Verleihung einer Staatsangehörigkeit mit beschränkter Rechts- 
wirkung durch alle Bundesstaaten dar. Das R. u. Stes. selbst achtet 
sie in mehrfacher Hinsicht der Staatsangehörigkeit gleich, indem es in 
§ 35 bestimmt, daß auf die unmittelbare Reichsangehörigkeit die Vor- 
schriften des Gesetzes über die Staatsangehörigkeit in einem Bundes- 
staate entsprechende Anwendung finden mit Ausnahme einiger Bestim- 
mungen, die sachlich bei der unmittelbaren Reichsangehörigkeit nicht zu-
	        
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