Full text: Thronverzicht nach deutschem Staatsrecht.

— 19 — 
Auch um ein Recht muß es sich handeln. Verzichte auf 
alles Tatsächliche scheiden ebenfalls von vornherein aus. Vom 
„Rechte“ wird nun aber wieder unterschieden die „Qualität“ oder 
„Eigenschaft“ eines Individuums, „ein juristisches Sein“. 
Diese kann nicht durch den Willen des Betreffenden beseitigt 
werden, da es undenkbar ist, einen Zustand wie z. B. Voll- 
jährigkeit oder wissenschaftliche Befähigung, Rechtsfähigkeit oder 
Geschäftsfähigkeit und dergleichen aus sich heraus zu entfernen. 
Was wiederum das „Aufgeben“ eines Rechtes anbetrifft, so 
ist zu scheiden in das Aufgeben zugunsten eines Anderen und 
das Aufgeben ohne jede Maßgabe. , 
Im ersteren Fall ist zur Wirksamkeit des Verzichtes die Zu— 
stimmung des Erwerbenden erforderlich, im anderen Falle da— 
gegen kann der Verzicht unter Wahrung einer gewissen Form 
oder sogar stillschweigend und formlos erfolgen. 
Es ist nun vor allem fraglich, ob wir rücksichtslos die Be- 
griffe, die das Zivilrecht heranreifen ließ, in das weit jüngere 
Staatsrecht mit hinübernehmen dürfen, d. h. mit anderen Worten, 
eignen sich die öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse für die 
Anwendbarkeit des privatrechtlichen Rechtsbegriffs? Diese Frage 
ist neuerdings in einer tiefgründigen Abhandlung von Döhringö) 
so eingehend und in vorbildlicher Weise untersucht worden, daß 
auf die Ergebnisse, zu denen der Verfasser daselbst gelangt ist, 
hier verwiesen werden darf. Er macht im wesentlichen die beiden 
wichtigen Feststellungen, daß man unter öffentlich-rechtlichem 
Verzicht die auf Verlust subjektiver öffentlicher Rechte abzielende 
einseitige Erklärung zu verstehen hat #), oder genauer diejenige 
Willenserklärung des Einzelsubjektes in seinem publizistischen Ver- 
hältnis zum Staat oder öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen, an 
welche die Rechtsordnung als selbständige Folge den Ausschluß 
5) Der Verzicht im öffentlichen Recht. Eine dogmatische konstruktive 
Untersuchung. Greifswalder Dissertation 1916. 
6) a. a. O., S. 24. 
2“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.