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Auch um ein Recht muß es sich handeln. Verzichte auf
alles Tatsächliche scheiden ebenfalls von vornherein aus. Vom
„Rechte“ wird nun aber wieder unterschieden die „Qualität“ oder
„Eigenschaft“ eines Individuums, „ein juristisches Sein“.
Diese kann nicht durch den Willen des Betreffenden beseitigt
werden, da es undenkbar ist, einen Zustand wie z. B. Voll-
jährigkeit oder wissenschaftliche Befähigung, Rechtsfähigkeit oder
Geschäftsfähigkeit und dergleichen aus sich heraus zu entfernen.
Was wiederum das „Aufgeben“ eines Rechtes anbetrifft, so
ist zu scheiden in das Aufgeben zugunsten eines Anderen und
das Aufgeben ohne jede Maßgabe. ,
Im ersteren Fall ist zur Wirksamkeit des Verzichtes die Zu—
stimmung des Erwerbenden erforderlich, im anderen Falle da—
gegen kann der Verzicht unter Wahrung einer gewissen Form
oder sogar stillschweigend und formlos erfolgen.
Es ist nun vor allem fraglich, ob wir rücksichtslos die Be-
griffe, die das Zivilrecht heranreifen ließ, in das weit jüngere
Staatsrecht mit hinübernehmen dürfen, d. h. mit anderen Worten,
eignen sich die öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse für die
Anwendbarkeit des privatrechtlichen Rechtsbegriffs? Diese Frage
ist neuerdings in einer tiefgründigen Abhandlung von Döhringö)
so eingehend und in vorbildlicher Weise untersucht worden, daß
auf die Ergebnisse, zu denen der Verfasser daselbst gelangt ist,
hier verwiesen werden darf. Er macht im wesentlichen die beiden
wichtigen Feststellungen, daß man unter öffentlich-rechtlichem
Verzicht die auf Verlust subjektiver öffentlicher Rechte abzielende
einseitige Erklärung zu verstehen hat #), oder genauer diejenige
Willenserklärung des Einzelsubjektes in seinem publizistischen Ver-
hältnis zum Staat oder öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen, an
welche die Rechtsordnung als selbständige Folge den Ausschluß
5) Der Verzicht im öffentlichen Recht. Eine dogmatische konstruktive
Untersuchung. Greifswalder Dissertation 1916.
6) a. a. O., S. 24.
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