WVILHELM DER SIEGREICHE 3
entlang nach den „Linden.““ Vor dem Schlosse
wurde die königliche Familie von den Vorstehern
der Stadtgemeinde' und den Ältesten' der Bürger—
schaft empfangen. Im weißen Saal war eine lange
Tafel gedeckt, an welcher die Heimgekehrten inmitten
der hervorragendsten Generale und Hoschargen Platz
nahmen. Die Stimmung war ernst. War doch
jedem in der Versammlung bewußt, wie viel der
zustande gekommene Friede gekostet hatte.
Von der Straße herauf tönte jenes eigentümlich
surrende Geräusch, welches das Durcheinanderwogen
einer großen Volksmenge verrät. Die Berliner und
viele von außerhalb hereingekommene Fremde hatten
sich vor dem Schlosse versammelt und blickten nach
den hellerleuchteten Fenstern empor in der Hoffnung,
das Herrscherpaar einmal’ zu sehen, welche Hoff-
nung auch nicht getäuscht wurde. So oft Friedrich
Wilhelm oder seine Gemahlin sichtbar wurden, er-
schallten Jubelrufe, die stets durch freundliches Kopf-
nicken erwidert wurden.
Die Stadt war glänzend erleuchtet, und an
vielen Orten’ tönten Musik und Gesang, aber die
Wehmut klang durch. Jedermann aus dem Volke
wußte ja, daß dem Herzen des Königs eine Wunde
geschlagen war, die nur die Zeit heilen konnte.
Oft forschte das Auge der Königin sorgenvoll in
den Zügen ihres Gemahls. Beider Blicke aber
erhellten sich, wenn sie auf den Kronprinzen fielen,
der voll Leben und Geist sich in die Unterhaltung
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mischte und alt und jung’ durch seinen Humor und zo
seine treffenden Antworten entzückte.