Full text: Wilhelm der Siegreiche.

WIILHELNI DER S#IEGREICHE 39 
war es nachmittag geworden. Die Turmuhr der 
Kathedrale in Königgrätz verkündet die dritte Stunde. 
Es ist die höchste Zeit. Alles blickt voll sehnsüchtiger 
Erwartung nach der Gegend, von wo man die 
zweite Armee erwartet. Da sieht man plötzlich, wie 
Moltke starr auf einen Puntt der rechten Flanke 
des Feindes blickt. Alle Ferngläser folgen seiner 
Richtung. Eine unscheinbare Bewegung, durch die 
Ferne noch winziger erscheinend, vollzieht sich dort. 
Nur ein Feldherrnauge vermag Art und Ursache' 
zu entdecken. 
„Majestät!“ sprengt General Molkte heran, „der 
Kronprinz ist da und hat bereits angegriffen.“ 
„Der Kronprinz ist eingetroffen!“ verbreitet es 
sich jubelnd von Glied zu Glied, bis weit zurück, 
wo die Reservetruppen stehen. 
Eine Thräne fällt aus dem Ange des Königs. 
Fast hätte er noch jetzt gezweifelt; denn eine Anhöhe 
entzieht ihm noch den Anblick seiner tapfern Garde- 
soldaten, die von Königinhof bis hierher mit dem 
schweren Gepäck in einem Trabrennen geblieben 
sind. Allein schon hat das Schlachtfeld eine gänz-= 
lich veränderte Gestalt angenommen. Das eben 
noch so standhafte feindliche Centrum wankt. Sein 
Artilleriefeuer wird schwächer. Riesigen Gewitter- 
wolken gleich sieht man prennische Kavalleriemassen 
über das Feld stürmen: allen voran’ die Zieten- 
Husaren, die ersten Garde-Dragoner und das elfte 
Ulanen-Regiment. Sie stürzen mit frurchtbarer 
Gewalt auf die österreichischen Kürassiere und 
Ulanen, welche den in wilde Flucht ausgearteten 
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