128 Innere Politik. I. Buch.
Der Kampf um den Boden, der seinem Wesen
nach ein Kampf um die ausreichende Durch-
setzung des Ostlandes mit deutschen Menschen ist, wird immer das A und O unserer
nationaldeutschen Politik im Osten sein. Der Kampf um deutsche Kultur und Bildung,
vor allem um die deutsche Sprache, muß ihm zur Seite stehen. Wir wollen gewiß
dem Polen die Muttersprache nicht nehmen, aber wir müssen dahin wirken, daß er sich
mit der deutschen Sprache den Weg zum Verständnis deutschen Geisteslebens gewinnt.
Mit der Ansiedelungspolitik kämpfen wir um das Deutschtum im Osten, mit der Schul-
politik im Grunde um das Polentum, das wir dem deutschen Geistesleben einzugliedern
wünschen. Ohne Schärfen geht es auch hier nicht, und sie werden zunehmen oder sich
mildern, je nachdem die Polen ihren Widerstand verstärken oder vermindern. Die Grün-
dung der deutschen technischen Hochschule im Jahre 1904, zuvor der Kaiserlichen
Akademie in Posen 1903 schuf Zentren deutschen Geisteslebens in den Ostlanden,
die hoffentlich ihre werbende Kraft allmählich erweisen.
Der Kampf um deutsche Kultur.
Der preußischen Ostmarkenpolitik hat es
niemals an heftigen Kritiken gerade auf
der deutschen Seite gefehlt. Das scheinbar beweiskräftigste Argument der Kritik ist die
Behauptung, unsere Ostmarkenpolitik habe zu greifbaren Ergebnissen nicht geführt,
da ja nach beinahe zwanzigjähriger Ansiedelungspolitik heute das prozentuale Verhält-
nis zwischen der deutschen und polnischen Bevölkerung in den Ostmarken noch nicht
wesentlich verändert ist. Da dies aber das von Bismarck gesetzte Ziel gewesen sei, müsse
unsere Ostmarkenpolitik, insbesondere das Ansiedelungswerk als gescheitert angesehen
werden. Es ist richtig, daß wir das Ziel unserer Ostmarkenpolitik noch nicht annähernd
erreicht haben. Nur wenn wir auf dem von Friedrich dem Großen vorgezeichneten, von
Bismarck neu begangenen Wege ohne kleinliche Schikanen, ohne ungeschickte Brutalitäten,
aber zielbewußt und vor allem konsequent vorgehen, dürfen wir hoffen, unsere nationale
Aufgabe im deutschen Osten in langer Zeit erfüllen zu können. Was uns in unserer
Ostmark vor allem nottut, ist Stetigkeit. Als ich im Jahre 1902 in Posen weilte,
sagte mir der Generallandschaftsdirektor und langjährige konservative Reichstagsab-
geordnete v. Staudy, bei dem ich abgestiegen war, am Schluß einer längeren Unter-
redung über ostmärkische Dinge: „Und nun nur noch eins: Stetigkeit! Darauf kommt
es hier an; nichts hat uns so sehr geschadet als unser Schwanken, daß wir immer
wieder umfielen. Fetzt durchhalten!“ Oie vor einem Jahrtausend begonnene, vier
Jahrhunderte unterbrochene, seit noch nicht drei Jahrzehnten im deutschen Osten
neu aufgenommene deutsche Kolonisationsarbeit kann in wenigen Jahren nicht zum
Abschluß gebracht werden. Es handelt sich hier nicht um einen politischen Ent-
schluß gewöhnlicher Art, dem alsbald Gelingen oder Mißlingen folgt, sondern wir
befinden uns inmitten einer weltgeschichtlichen Entwicklung, an der Generationen
um Generationen mitzuwirken haben. Wird unsere nationale Arbeit im Osten
in diesem großen Zusammenhange als eine Entwicklungsetappe angesehen, so dürfen
wir sagen, daß uns der Erfolg nicht versagt geblieben ist. Es sind in den Zahren von
Ergebnisse der Ostmarkenpolitik.
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