Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
II. Buch. Staats- und Verwaltungerecht. 15 
  
Erfüllung der Staatspflicht, die es den Beamten ermöglichen mußte, ihre Lebens- 
verhältnisse in Einklang zu halten mit dem in kurzer Zeit so gewaltig gesteigerten Er- 
werbsleben der Nation und den dadurch bedingten Veränderungen des Geldwertes. 
In umfassender Weise ist diese Fürsorge erfolgt durch feste Ordnung der Besoldungs- 
verhältnisse, der Ruhegehälter und der Bezüge von Witwen und Waisen (Besol- 
dungsgesetz 1909, Hinterbliebenengesetz 1907). Die früher erhobenen Kautionen von 
Beamten, denen eine besondere Geldverwaltung oblag, wurden beseitigt und zurück- 
bezahlt (1898). ODurch eine besondere Gesetzgebung erfolgte 1910 die Ubernahme der 
Haftung für materiellen Schaden infolge von Amtshandlungen der Beamten (Bö. 
9 839) auf das Reich, dem der Anspruch auf Schadensersatz gegen den schuldigen Be- 
amten zusteht. Zahlreiche Einzelfragen des Beamtenrechtes erfuhren ihre zweckent- 
sprechende Erledigung, sei es auf gesetzlichem Wege, sei es durch Verordnungen des 
Bundesrates. 
2. Heer und Flotte. 
1. Grundlagen der — * des und der Von 
werden in besonderen Abhandlungen eingehende 
militärischen Organisation. Erörterung finden. Nur die durch Verfassung und 
Gesetz festgelegten Grundlagen der militärischen und maritimen Organisation des Deutschen 
Reiches seien hier berührt. Die Feststellung der Friedenspräsenzstärke des Heeres, 
die verfassungsgemäß (NRB. Art. 61) durch Gesetz zu bestimmen ist, umfaßt seit 1893 
den Zeitraum von 5 Jahren; die letzte Feststellung erfolgte durch Gesetz im Jahre 1911, 
dessen Ziffer aber bereits 1912 erhöht wurde. Eine Neugestaltung dieser großen Lebens- 
frage der Nation im Sinne des Grundsatzes: Zeder Deutsche ist wehrpflichtig — K. 
Arnt. 57 — hat uns endlich das große Erinnerungsjahr 1913 gebracht, das die Friedens- 
präsenzziffer auf 661 478 Mann (Gemeine und Gefreite) erhöhte. Den Grundsätzen 
des kirchlichen Rechtes, nach denen Kleriker, die die höheren Weihen empfangen haben, 
nicht mit der Waffe dienen dürfen, ist in weitgehendem Entgegenkommen reichsgesetz- 
lich (1890) Rechnung getragen worden. — Die Pflicht der Unterstützung der Familien 
von Reservisten und Landwehrleuten, die zu militärischen Ubungen einberufen sind, 
wurde reichsgesetzlich 1892 grundsätzlich anerkannt. — DOie gesetzlichen Verpflichtungen 
für Natural-, Quartier- und anderweitige Leistungen in Friedens- und Kriegszeiten, 
wie sie bereits durch die frühere Gesetzgebung festgelegt waren (neue Fassung des Ge- 
setzes über die Naturalleistungen im Frieden von 1898), wurden nach verschiedenen 
Richtungen weiter ausgestaltet; in besonders sorgfältiger Weise wurde durch unablässige 
Überwachung und entsprechende Anordnungen die durch die N V. Art. 47 ausgesprochene 
Rechtspflicht der Eisenbahnen für den Dienst des Heeres in Krieg und Frieden geregelt, 
und das Vorhandensein aller hierfür erforderlichen Einrichtungen überwacht. Der Um- 
stand, daß der weitaus größte Teil des deutschen Eisenbahnnetzes unter Staatsverwaltung 
steht, was in Frankreich und England nicht der Fall ist, bietet nach dieser Richtung eine 
gar nicht hoch genug anzuschlagende Garantie für die erforderlichen militärischen Maß- 
  
  
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