II. Buch. Staats- und Verwaltungerecht. 23
Eine sehr erhebliche Neugestaltung hat
in den letzten zwei Jahrzehnten das
Telegraphenwesen erfahren. Schon bei Aufrichtung des Norddeutschen Bundes war das
Telegraphenwesen in seinem damaligen Stande auf den Gesamtstaat übernommen
worden, in organisatorischer Verbindung mit dem Postwesen. Dabei ist es bis heute
geblieben. Eine gesetzliche Regelung wie das Postwesen fand das Telegraphemwesen
zunächst nicht; doch wurde von Anbeginn auf dem Verwaltungswege das Telegraphen-
monopol des Reiches mit Erfolg durchgesetzt. Erst im Jahre 1892 erfolgte dann die ge-
setzliche Regelung des Telegraphenwesens in engem Anschluß an die grundsätzliche Rege-
lung des Postwesens; diesem ersten Telegraphengesetz folgte 1899 das sog. Telegraphen=
wegegesetz, durch welches eine Reihe von Fragen über Benutzung von Verkehrswegen
und von privaten Grundstücken für die Anlage der staatlichen Telegraphen grundsätzlich
ihre Erledigung fand. Das Telegraphenwesen hatte inzwischen eine großartige, nicht
nur das Verkehrsleben, sondern auch das Privatleben der Menschheit wesentlich ver-
ändernde Fortbildung erfahren durch die Einrichtung des Fernsprechers (Telephon),
der zunächst der persönlichen Nachrichtenvermittelung an Orten mit Telegraphenstationen
diente, bald aber auch ausgedehnt werden konnte auf die Verbindung von Ort zu Ort
und heute bereits weite Entfernungen verbindet, ohne in seiner technischen Entwicke-
lung abgeschlossen zu sein.
Auch das Fernsprechwesen wurde wie das Fernschreibwesen sofort unter
das Prinzip des Staatsmonopols mit gesetzlicher Regelung der Gebühren (1899)
gestellt; beide beruhen auf der elektrischen Verbindung durch Draht. Eine gesetzliche
Ordnung hat das in wenigen FJahren hochentwickelte Fernsprechwesen bis jetzt nicht
gefunden.
4. Telegraphenwesen und Fernsprecher.
unterseeische Kabel. Eleichfalls eine Entwickelung der Telegraphie durch Draht
bilden die unterseeischen Kabel, die in großartiger Weise
eine unmittelbare elektrische Verbindung durch das Meer hindurch mit überseeischen
Ländern hergestellt haben. Ihre rechtliche NRegelung muß der Natur der Sache nach
in erster Linie auf internationalem Wege durchgeführt werden. Demgemäß erfolgte
1884 der Abschluß eines großen Staatsvertrages über den Schutz der unterseeischen
Telegraphenkabel, auf dessen Grundlage dann die Schutz- und Strafvorschriften der
einzelnen Staaten, so auch des Deutschen Reiches (1888) ergingen.
Funkspruch. Zu diesen Einrichtungen der unmittelbaren Fernverbindung ver-
mittelst des elektrischen Drahtes ist nunmehr die großartige Er-
findung der Fernverbindung ohne Draht, durch Funkspruch, getreten. Schon 1906
konnte hierüber unter tätigster Anteilnahme des Deutschen Reiches ein großer Staats-
vertrag unter 27 Kulturstaaten, an der Spitze die sämtlichen acht Großmächte, in Berlin
vereinbart werden. 1912 fand dieser Vertrag eine umfassende Aeugestaltung. Auf
dieser Grundlage hat das Reich 1908 durch Gesetz auch die Funkentelegraphie als
Staatsmonopol erklärt. #uch für den Betrieb der Funkentelegraphie auf fremden
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