26 Staats- und Verwaltungerecht. II. Buch.
Das Sostem der Reichsbank ist durch das Gesetz von 1875 zunächst für 10 Jahre
geschaffen und dann immer wieder von 10 zu 10 Jahren erneuert worden (letzte Novelle
von 1909). Angesichts der Entwickelung, die unsere gesamte Volkswirtschaft genommen
hat, ist vielleicht der Zeitpunkt nicht mehr fern, an dem das Privatkapital von 180 Mil-
lionen Mark, das zurzeit noch die finanzielle Grundlage der Reichsbank bildet, vom Reiche
selbst übernommen und dadurch das ganze System des Reichsbankwesens vollständig
in den Rahmen der Staatsverwaltung übergeführt wird.
Börse. Ourch ein selbständiges Gesetz wurde ferner 1896 die Staatsaufsicht über
die Börse eingehend geregelt (letzte Fassung von 1908); Börsen dürfen
nur mit Staatsgenehmigung errichtet werden und sie werden, besonders was den Börsen-
terminhandel betrifft, von Staats wegen scharf beaufsichtigt.
Siehe im übrigen den Abschnitt über das Bankwesen.
6. Handel, Landwirtschaft und Gewerbe.
1. HJandelsgesetzgebung Die großen Erwerbszweige des deutschen Volkslebens,
Landwirtschaft, Industrie und Handel, haben die Gesetz-
gebung des Reiches in umfassender Weise beschäftigt.
Einen verhältnismäßig festen Abschluß hat diese Gesetzgebung für das Gebiet des Handels
gefunden. Es ist zweifellos eine der interessantesten Erscheinungen unseres Verkehrslebens
und der durch dieses geforderten Rechtsentwickelung, daß die Energie des deutschen Kauf-
mannes schon zu einer Zeit, als die staatliche Einigung des deutschen Volkes noch in
weiter und ganz ungewisser Ferne stand, für das Gebiet des Handels ein einheitliches
Recht, das als Notwendigkeit empfunden wurde, mit zäher Konsequenz durchsetzte. So
entstand noch in Zeiten des alten deutschen Bundes das Deutsche Handelsgesetzbuch,
dem sich alsbald auch die einheitliche Deutsche Wechselordnung anfügte. Diese großen
und guten Gesetzgebungswerke wurden vom deutschen Gesamtstaate einfach übernommen
und der modernen Verkehrs- und Rechtsentwickelung entsprechend weiter so ausgestaltet,
wie sie heute in Kraft stehen und sich ausgezeichnet bewährt haben. Eine hochbedeut-
same Neugestaltung des gesamten Handelsrechtes erfolgte im Zahre 1897. Der Ge-
danke, das Wechselrecht auf internationale Grundlagen zu stellen, hat vor kurzem zu
interessanten Konferenzen im Haag geführt, die nicht nur die Möglichkeit der Inter-
nationalisierung des Wechselrechtes außer Zweifel stellten, sondern bereits zu einer
formell rechtlichen Erledigung des Problems insoweit geführt haben, als bereits ein
formeller Staatsvertrag eines Weltwechselrechtes zustande gebracht wurde, auf Grund
dessen nunmehr die Gesetzgebung der einzelnen Vertragsstaaten vorzugehen haben wird.
Oieses großartige internationalrechtliche Werk ist unter intensiver Mitwirkung des Deut-
schen Reiches zum Abschluß gelangt. Leider haben die beiden großen angelsächsischen
Mächte England und die Vereinigten Staaten sich von diesem Werke bie jetzt ferngehalten.
An Einzelgesetzen, die den Handel betreffen, mögen besonders erwähnt werden:
das Gesetz über die Errichtung besonderer Kaufmannsgerichte (1904) neben den bereits
und Handelsverträge.
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