90 Die Reichsversicherung. II. Buch.
Has Versicherungsamt insbesondere. ohne Vorbild das Versicherungsamt, das
als eine untere Verwaltungsstelle eine
Fülle von Aufgaben zu übernehmen berufen worden ist. Es hat für die einzelnen Zweige
der Reichsversicherung die Aufgaben einer unteren Spruch-, Beschluß- und Aufsichts-
behörde. Das Versicherungsamt wird der Mittel- und Brennpunkt der ganzen ver-
sicherungsrechtlichen Berwaltung in der unteren Instanz, wenn nicht überhaupt aller
Instanzen, werden. EGrundsätzlich wird jetzt bei jeder unteren Verwaltungsbehörde
auch eine Abteilung für Arbeiterversicherung errichtet. Aur ganz ausnahmsweise soll
es selbständige Versicherungsämter geben, die sich nicht an die schon gegebene einzel-
staatliche Verwaltungsorganisation anlehnen. Den mannigfachen Aufgaben der Ver-
sicherungsämter soll aber nicht in organisatorischer Beziehung eine rein bureaukratische
Handhabung gerecht zu werden versuchen. Bielmehr ist auch hier eine Heranziehung
des Laienelements vorgesehen, und zwar sowohl in den Spruch- wie in den Beschluß-
ausschüssen. Zn jenen ist der Vorsitzende des Versicherungsamtes und je ein Ver-
sicherungsvertreter der Arbeitgeber und der Versicherten obligatorisch; im Beschluß-
ausschuß müssen außer dem Vorsitzenden des Versicherungsamts zwei Versichertenver-
treter vorhanden sein, von denen die Vertreter der Arbeitgeber und der Versicherten je einen
wählen, nebst mindestens je einem Stellvertreter aus ihrer Mitte. Unbeschadet dieser Mit-
wirkung ist aber die überragende Stellung des Vorsitzenden des Versicherungsamts nicht
zu verkennen, nur daß das Gesetz Rücksicht darauf hat nehmen mühssen, daß der Leiter der
unteren Verwaltungsbehörde seinem Berufe als Vorsitzender des Versicherungsamts nicht
würde nachgehen können, ohne seine Verwaltungstätigkeit zu vernachlässigen. Für den
Landrat, Bezirksamtmann, Oberamtmann, Amtshauptmann, Kreisrat, Kreisdirektor,
Oberbürgermeister können natürlich die Aufgaben des BVersicherungsamts nur nebensäch-
liche, sie dürfen keine ihn von seiner eigentlichen Berufsarbeit abziehende sein. Die Reichs-
versicherungsordnung hat deshalb von vornherein die Bestellung eines ständigen Stellver-
treters des Vorsitzenden (oder auch mehrerer Stellvertreter) vorgesehen. Oieser Persön-
lichkeit war nun ursprünglich der Titel eines Versicherungsamtmannes zugedacht. Wenn
auch die Reichsversicherungsordnung hiervon nichts weiß, so hat sich doch dieser Name be-
reits eingebürgert, ohne amtlich zulässig zu sein. Es läßt sich nicht verkennen, daß bei den
großen, den Versicherungsämtern überwiesenen Aufgaben die Rolle des Versicherungs-
amtmann s sich immer erweitern und seine Arbeitskraft in vollem Umfang in Anspruch
nehmen wird. Wenn die Reichsversicherungsordnung denjenigen als befähigt bezeichnet, der
durch Vorbildung und Erfahrung auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung geeignet ist, so
ist der Rahmen hier mit Recht weit gespannt. Ee ist jedoch höchst bedauerlich, wenn, wie
dies in großem Umfange geschieht, die Besetzung der Stelle des „Versicherungsamtmanns“
mit Subalternen erfolgt, insbesondere in Landkreisen, und wenn auch in den Städten
hierzu sozialrechtlich nicht besonders vorgebildete Persönlichkeiten herangezogen werden.
Behörden bei der Angestellten- In der Angestelltenversicherung ist der Be-
hördenorganismus abweichend von dem der
Reichsversicherung gestaltet. Die bereites in
versicherung.
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