Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
16 Das Handelsrecht. III Such. 
  
Lagergeschäfts, das im neuen H0. geregelt wurde. Vor allem ist es der Lagerschein 
(Warrant), der die Ware ihrer Schwerfälligkeit entkleidet und sie unter Umständen wie 
einen Wechsel oder ein Onhaberpapier zum Gegenstand des börsenmäßigen Handels macht. 
Das H#B. hat der neuzeitlichen Entwickelung durch die Vorschrift Rechnung getragen, 
daß die Ubergabe des Lagerscheins an den durch den Schein zur Empfangnahme des 
Gutes Legitimierten dieselbe Wirkung wie die Ubergabe des Eutes selbst haben soll. 
Kommerzialisierung des W——— , otestt gna 
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Bürgerlichen Rechts. so würde man von der großartigen Entwickelung der 
handelsrechtlichen ZIdeen kein richtiges Bild gewinnen; denn es ist bekannt, daß eine 
Reihe von Rechtssätzen des alten Handelsgesetzbuchs nur deswegen aus der neuen 
Kodifikation verschwanden, weil sie in das neue Bürgerliche Gesetzbuch des Reiches 
aufgenommen worden sind. So wurde das Handelsrecht zum Pionier der 
Rechtseinheit; es trug bei zur Kommerzialisierung unseres bürgerlichen Rechts und 
bewirkte, daß die im Handelsverkehr entstandenen und bewährten Rechtssätze Allge- 
meingut der Bevölkerung wurden. Dies gilt namentlich von der #Negel, daß bei 
der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem 
buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist. Der handelsrechtliche Grundsatz der 
Formfreiheit der Rechtsgeschäfte ist von dem bürgerlichen Recht gleichfalls aufgenommen 
worden, ebenso die Bestimmung, wonach der gutgläubige Erwerber einer beweglichen 
Sache auch dann das Eigentum erlangt, wenn der Veräußerer nicht Eigentümer war, 
außer in dem Falle, daß es sich um gestohlene oder verlorene Sachen handelt. Handels- 
rechtlicher Natur sind endlich die Bestimmungen, wonach der Käufer die Gefahr der Ver- 
sendung der Ware trägt. Die in hohem Maße den Verkehrsbedürfnissen angepaßte Kege- 
lung der Bestimmungen über den Verzug beim Handelskauf wurde durch das bürgerliche 
Recht generalisiert und in die abstrakte Form des § 326 gefaßt. Eine besonders charakte- 
ristische Erscheinung der modernen kapitalistischen Entwickelung, die auf eine Mobilisie- 
rung aller Werte drängt, ist die riesige Ausdehnung, welche der Verkehr in Inhaber- 
papieren genommen hat. Die Materie wurde im BE. geregelt, wobei auch hier die 
im Handelsrecht enthaltenen Grundsätze Aufnahme fanden. 
  
  
Der wachsenden Bedeutung des deutschen 
Binnenschiffahrtsverkehr. Binnenschiffahrtsverkehrs und seinem Be- 
dürfnis nach einer gesetzlichen NRegelung trug das Gesetz vom 15. Juni 1895 Bech- 
nung. Unter vielfacher Anlehnung an die bestehenden Asancen schuf es die gesicherte 
Rechtsgrundlage für das Transportgewerbe der Binnenschiffahrt. Die wesentlichsten 
Anderungen gegenüber dem früheren Rechtszustande sind neben der Haftung des Schiffs- 
eigners für ein Verschulden der Schiffsbesatzung die entsprechende Ubertragung der 
Bestimmungen des Seerechtes über die große Haverei auf das Binnenschiffahrtsrecht 
und die Einführung des Schiffsregisters. Bei der Regelung des Verhältnisses von 
Schiffer und Mannschaft ist das Gesetz von sozialen Gedanken getragen. Die Schiffs- 
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