Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
22 Das Handelerecht. III. Buch. 
  
daher gezwungen, wenn anders der Begriff der Erfindung zum Schaden unseres gesamten 
Patentwesens nicht herabgedrückt werden sollte, zahlreiche Anmeldungen zurückzuweisen 
und dadurch technisch verwertbare Neuerungen schutzlos zu lassen. Außerdem steigerten 
die zahlreichen Anmeldungen die Geschäftslast des Patentamtes in störender Weise. 
Diese Gründe, vornehmlich aber die Erwägung, daß auch die kleineren an sich nicht 
patentfähigen, aber einen Fortschritt darstellenden technisch verwertbaren Schöpfungen 
gegen Nachbildung geschützt werden müßten, führte zu dem Schutze der Gebrauchs- 
muster, wie er in dem oben erwähnten Gesetze seinen Ausdruck fand. Die Formvor- 
schriften für die Anmeldung entsprechen denen des Patentgesetzes. Der Schutz wird 
aber ohne Vorprüfung lediglich auf Grund der Anmeldung erworben, wobei es später 
der gerichtlichen Entscheidung überlassen bleibt, ob die materiellen Voraussetzungen für 
den Gebrauchsmusterschutz tatsächlich vorliegen. Die Dauer des Schutzes beträgt 3 Jahre, 
kann jedoch um weitere 3 Jahre verlängert werden. Bei der engen Anlehnung des Ge- 
brauchsmusterschutzes an das Patentrecht und der nahen Verwandtschaft der beiden 
Gebiete wird die geplante Umgestaltung des Patentgesetzes auch eine solche des Gesetzes 
vom 1. Juni 1891 nach sich ziehen. 
Uurheberrecht. Für das Kunstgewerbe von Bedeutung ist das neue Kunst- 
schutzgesetz vom 9. Zanuar 1907, welches das Urheberrecht an 
Werken der bildenden Künste und der Photographie regelt. Durch dieses Ge- 
setz sind kunstgewerbliche Erzeugnisse nicht mehr auf den Schutz allein angewiesen, den 
das Gesetz vom 11. Januar 1876 betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen zu 
bieten vermag. VBielmehr genießt jetzt der Urheber eines kunstgewerblichen Erzeugnisses, 
wenn es zugleich die Merkmale eines Werkes der bildenden Kunsft aufweist, denselben 
Schutz wie der bildende Künstler. 
Das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und 
dramatischen Werken wurde schon durch das Gesetz vom 11. Juni 1870 reichsgesetzlich 
geregelt. Das Gesetz wurde den Bedürfnissen des Verkehrs durchweg gerecht. Aber 
die Neuordnung des gesamten bürgerlichen Rechtes hatte doch eine Anzahl Bestimmun- 
gen veralten lassen, so daß eine Anderung des Gesetzes erwünscht schien. Sie erfolgte 
durch das Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Ton- 
kunst vom 19. Juni 1901. Gleichzeitig erging unter demselben Datum das Gesetz über 
das Verlagsrecht. Es schafft kein wesentlich neues Recht, sondern stellt nur als Er- 
gänzung des bürgerlichen Gesetzbuches in der Form dispositiver Vorschriften die bisher 
im Verlagsgewerbe allgemein anerkannten Gepflogenheiten fest. 
  
Die Verschärfung des Wettbewerbs auf dem inländischen und dem 
internationalen Markte hat auf dem Gebiete des Warenzeichen- 
schutzes Bedürfnisse hervortreten lassen, die einer früheren Periode vielfach fremd 
waren. Auch hat sich in den letzten Jahrzehnten in dem öffentlichen Rechtsbewußtsein 
eine bedeutsame Wandlung vollzogen, so daß heute manches als nicht mehr erlaubt gilt, 
was vor noch nicht gar zu langer Zeit unbeanstandet gelassen wurde. So gewannen die 
Warenzeichen. 
  
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