Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
26 Das Handelerecht. III. Buch. 
  
nationalen Vereinbarungen über den Telegraphenverkehr, den Funkspruchdienst und 
den Eisenbahnfrachtverkehr ist bereits ein ausgebildetes Weltverkehrserecht geschaffen. 
Auch das Urheber- und Erfinderrecht hat eine weitgehende internationale Negelung 
aufzuweisen, deren Grundlagen auf der Berner Ubereinkunft vom 9. September 1886 
zum Schutze des literarischen Urheberrechtes und auf der Pariser Ubereinkunft zum Schutze 
des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 beruhen. Wichtige Ansätze zu einem 
Welthandelsrecht sind ferner vorhanden in den Haager Abkommen über den Zidvil- 
prozeß vom 14. November 1896/17. Zuli 1905 und namentlich auch in den zahlreichen 
handelsrechtlichen Bestimmungen der zwischen den einzelnen Staaten geschlossenen 
Handels- und Schiffahrtsverträge, die kraft der Meistbegünstigungsklausel über die 
ursprünglichen Vertragsparteien hinaus Geltung erhalten. Einen außerordentlichen 
Gewinn für die Regelung des internationalen Zahlungsverkehrs bedeutet das Haager 
Abkommen vom 25. Juli 1912 zur Vereinheitlichung des Wechselrechts. Mit Ausnahme 
von Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika, die indes eine auto- 
nome Annäherung ihres Rechts an einzelne Vorschriften des Abkommens in Aussicht ge- 
stellt haben, sind nahezu sämtliche Kulturstaaten der Einigung beigetreten. Es ist mit 
Genugtuung zu begrüßen, daß in der vereinbarten einheitlichen Wechselordnung die be- 
währten Grundsätze des deutschen Rechts Aufnahme gefunden haben. Neben dem 
Wechselrecht war die Vereinheitlichung des Scheckrechts Gegenstand der Verhand- 
lungen der Haager Wechselrechtskonferenz, deren Beschlüsse eine internationale Rege- 
lung auch für dieses Gebiet in absehbarer Zeit erhoffen lassen. 
Ein Aberblick über die Geschichte des deutschen Handelsrechts in den letzten Jahr- 
zehnten zeigt Fortschritte auf den verschiedensten Gebieten. Der deutsche Kaufmanns- 
stand hat an ihnen tätigen Anteil genommen und eine Reihe wichtiger gesetzlicher Be- 
stimmungen ist der Anregung und den Vorschlägen ber Handelsvertretungen zu ver- 
danken. Die Gesetzgebung hat sich mit Erfolg bemüht, der rastlosen Entwickelung von 
Handel und Industrie zu folgen. Getragen von ethischen und sozialen Gedanken hat 
sie vermittelnd zwischen den verschiedenen Interessentengruppen dem Kaufmannsstande 
die nötige Förderung zuteil werden lassen und ist so ihrer Aufgabe in dem Sinne 
gerecht geworden, dem Kaiser Wilhelm ll. in einer seiner jüngsten Reden Ausdruck ver- 
lieh mit den Worten: „Ich schütze den Kaufmannz; sein Feind ist mein Feind!“ 
  
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