III. Buch. Das Strafrecht. 20
sammlungen der Bundesstaaten begangen waren, nicht stattfinden konnte, weil während
der Dauer der verfassungsmäßigen Immunität der Beschuldigten die Verjährung sich
vollendete. Um diesem AUbelstande zu begegnen, wurde durch Gesetz vom 26. März 1893
(Kösl. S. 133)1) der 969 St B. geändert durch Aufnahme des jetzigen Satzes 1: „Die
Verjährung ruht während der Zeit, in welcher auf Grund gesetzlicher Vorschrift die
Strafverfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann.“ Oasselbe Jahr
drachte noch zwei andere, ungleich wichtigere Neuerungen, und zwar durch die Gesetze
vom 19. Juni 1893, betr. Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher
(Köl. S. 197) und vom 3. Zuli 1893 gegen den Verrat militärischer Ge-
heimnisse (Röl. S. 205). Das zuletzt genannte wird hier später bei Erwähnung
der sog. Aebengesetze besprochen werden. ODurch das erste wurde das am 24. Mai 1880
erlassene Gesetz gegen den Wucher (Rö#l. S. 109), das sich als unzulänglich erwiesen
hatte, in wirksamer Weise ergänzt, und zwar durch Anderung der # 302 a, 302 d#)
und durch ANeueinstellung des gegen den Sachwucher gerichteten & 302e StöS B. Im
Zusammenhange hiermit wurde in den &+ 367 unter Nummer 156 eine Blankettstraf-
drohung gegen denjenigen eingefügt, der den polizeilichen Anordnungen über das Ab-
halten von öffentlichen Versteigerungen und über das Verabfolgen geistiger Getränke
vor und bei öffentlichen Versteigerungen zuwiderhandelt. Denn die Erfahrung hatte ge-
zeigt, daß eine dem Wucher verwandte Ausbeutung nicht selten durch die angedeuteten
Mittel bewirkt oder versucht wurde.
Zeitlich folgte durch das Gesetz vom 12. März 1894 (Rö#l. S. 259) die Einstellung
einer neuen Nummer 10 in den §8361, die den säumigen Unterhaltspflichtigen unter
gewissen Voraussetzungen bestrafen will, eine sozialpolitisch wichtige Vorschrift, die aber
nach Ansicht vieler jetzt noch einer weiteren Ausgestaltung bedarf.
Oie durch das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. August 1896
(RGBl. S. 604) Artikel 34 angeordneten und mit diesem am 1. Januar 1900 in Kraft
gesetzten Anderungen des Strafgesetzbuches enthielten nur die notwendigen Folgerungen
aus der Umgestaltung des bürgerlichen Rechts und sollen daher hier nicht im einzelnen
aufgezählt werden.
Nur einer kurzen Erwähnung bedarf ferner eine geringfügige Milderung des §* 316
Abs. 1 StB. (fahrlässige Gefährdung eines Eisenbahntransports) durch alternative Zu-
lassung von Geldstrafe ), sowie die erfolgte Aufhebung einiger Bestimmungen des Straf-
gesetzbuchs durch § 108 des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen
vom 12. Mai 1901 (Röl. S. 139)) und durch die Maß- und Gewichtsordnung vom
30. Mai 1908 (Röl. S. 340)5).
1) Ursprünglich ein Initiativantrag Rintelen.
) Oie hauptsächliche ÄAnderung bestand in der Ausdehnung auf „andere zweiseitige Rechtsgeschäfte, welche
denselben wirtschaftlichen Zwecken dienen sollen“ (wie Darlehn u. Stundung einer Geldforderung).
*) Ges. v. 27. Dezbr. 1899 (Kö##l. S. 301).
) Nr. 9 des §# 360, soweit sie sich auf Versicherungsunternehmungen im Sinne jenes Gesetzes
bezieht.
5) § 369 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 2. Diese Vorschriften sind durch 3 22 der Maß- und Gewichtes-
ordnung ersetzt.
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