III. Buch. Oer Strafprozeß. 55
Zeit geändert werden, als das materielle Strafrecht. Für die Hauptstreitfrage — die
erweiterte Zuziehung von Laienrichtern — hätte gerade die voraussetzliche Notwendig-
keit, später ohnehin das Strafverfahren nochmals zu ändern, den Entschluß erleichtern
müssen, es zunächst mit einer erweiterten Zuziehung von Laien in dem geringeren Maße, wie
es vom Bundesrat zugestanden war — für die Strafkammern als 1. Instanz — zuversuchen.
GEleichzeitige Reform von Lanen il sanenhd Frlchne un
aben allerdings die Bundesregierungen m
Strafrecht und Strafprogew. Recht den Entschluß gefaßt, nur zwei besonders
dringende unter den vom Reichstag angenommenen Verbesserungen schon jetzt durch
eigene Gesetze einzuführen, im übrigen aber eine Wiederaufnahme der Reform bis
zum Albschluß der Strafrechtsreform zu verschieben. Es wird sich nunmehr empfehlen,
beide Entwürfe durch die nämliche Kommission fertigstellen zu lassen und
beide gleich zeitig dem Reichstag vorzulegen. Nicht das kann belfen, daß die
Reform des Strafrechts vor der des Strafverfahrens, sondern daß beide zugleich
erfolgen. Bei manchen strafrechtlichen Bestimmungen wird die Entscheidung über
eine vorgeschlagene Anderung des Strafrechts ebenso von der Regelung des Straf-
verfahrens abhängen, wie umgekehrt die Anderung mancher Vorschrift des Ver-
fabrens sich nur unter der Voraussetzung machen läßt, daß ein Paragraph des
Str B. eine bestimmte Fassung behält oder bekommt. So ist z. B. für die Frage,
ob im Str#., wie bieher, bei vielen Strafhandlungen besondere Ermäßigungen
der Strafe von der ausdrücklichen Feststellung mildernder Umstände abhängig
gemacht werden sollen, die Entscheidung über das Fortbestehen der Schwur-
gerichte in der jetzigen Art von maßgebender Bedeutung. Werden in der Str PO. die
Schwurgerichte mit der jetzigen Trennung der Geschworenen von den Richtern bei-
behalten, so muß auch im Stre. die Feststellung mildernder Umstände erhalten blei-
ben, da den Geschworenen nur so der bisherige allgemein gewünschte Einfluß auf die
Bewilligung der Strafermäßigungen gegeben ist. Aus dem gleichen Grunde ließe
sich auch die von Professor von Liszt „Vergleichende Darstellung des deutschen und
ausländischen Strafrechts, Bes. T. Bd. V, S. 68—70“ mit schwerwiegenden Aus-
führungen bekämpfte Unterscheidung des StrEB. zwischen Mord und vorsätzlicher
Tötung nicht aufheben, solange nach der Str PO. die Schwurgerichte ihre gegenwärtige
Form behalten.
Keine unnutze Arbeit. Oie vielfach bei dem Scheitern der Strafprozeßreform
laut gewordene Außerung, daß damit „eine große
Arbeit unnütz vertan sei“, trifft nicht ganz zu. Die dem Reichstag
vorgelegten, von ihm wenigstens in der Kommission durchberatenen Entwürfe
einer neuen StrO., einer Novelle zum G#. und eines Einführungsgesetzes zu
beiden bilden eine überaus wertvolle Grundlage für die demnächstige Wiederauf-
nahme der Reform. Und so darf sich auch die hier folgende Skizze der künftigen Neform,
wie ich sie erhoffen möchte, an diese Entwürfe anlehnen.
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