Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
IV. Buch. Seemacht und Kriegsflotte. 51 
Der Abschluß. 
Her Ausbau der Flotte — cbrer — krroen —— 
en General v. Gerlach im Zahre : „ ind die 
eine politische Tat. gutmütigsten und ungefährlichsten Politiker, und doch 
traut uns eigentlich doch niemand; wir gelten wie unsichere Genossen und unge- 
fährliche Feinde. Ich spreche nicht von der Gegenwart; aber können Sie mir einen 
positiven NMan (abwehrende genug) oder eine Absicht nennen, die wir in aus- 
wärtiger Politik gehabt haben? Hoch, den Jahdebusen; der bleibt aber ein totes 
Wasserloch.“ 
Wollen wir im Sinne dieser Bismarckschen Worte das Ergebnis der 25jährigen 
Kegierungszeit unseres Kaisers ziehen, so können wir sagen: Der vollendete 
Aufbau unserer Flotte, der nahe bevorsteht, wird der Siegespreis 
der politischen Tätigkeit dieser Jahre sein. Der Fahdebusen ist kein totes 
Wasserloch mehr, unsere Stellung in der Nordsee vermag uns kein Staat mehr zu 
nehmen ohne einen Kampf auf Leben und Tod, und die Nordsee ist unsere Pforte 
zum Weltmeer. 
Doch nicht nur den überseeischen Beziehungen dient unsere Flotte, sondern auch der 
europdischen Politik. Wir können sie unseren kontinentalen Nachbarn gegenüber nicht 
entbehren, und schauen wir auf Englands Geschichte, so sehen wir, daß in dem Mittel- 
punkt seiner die Welt umfassenden Bestrebungen doch immer sein Einfluß in Europa 
gestanden hat. Auch dessen Träger war seine Flotte, und ihr Einfluß auf die europäische 
Politik hat sich erhöht, seit Europa abhängiger geworden ist von der See. Der A#lsspruch, 
den Napoleon III. 1857 Bismarck gegenüber tat, Preußen bedürfe einer stärkeren Flotte, 
um im Verein mit anderen das erdrückende Ubergewicht Englands aufzuheben, galt der 
europäischen Politik und gilt für sie — mutatis mutandis — heute noch. 
In der Gemeinschaft der Seestaaten, an deren Spitze unbestritten und unerreicht 
England steht, rangiert Deutschland heute an zweiter Stelle mit seiner Handeleflotte 
wie mit seiner Kriegsflotte. Es will England nicht bedrohen, aber es will frei neben ihm 
stehen; danach ist der Abstand bemessen, der seine Kriegeflotte von der englischen 
trennt. 
Wenn unser Flottengesetz durchgeführt sein wird, sollen wir unter Anrechnung der 
Novellen von 1906 und 1912 haben: 
) Eine aktive Schlachtflotte (alle Schiffe dauernd in Oienst mit voller Be- 
satzung) von 1 Flottenflaggschiff, 3 Geschwadern (zu 8 Linienschiffen), 8 großen und 18 
lleinen Kreuzern. 
b) Eine Reserveschlachtflotte (¼ der Schiffe in Dienst mit ½ des Maschinen- 
personals und ¼ der übrigen Besatzung) von 2 Geschwadern (zu 8 Linienschiffen), 4 
großen und 12 kleinen Kreuzern. 
J) Außerdem in der Heimat 144 Torpedoboote, von denen 99 mit voller Be- 
satzung verwendungsbereit und 72 Unterseeboote, von denen für 54 die volle Besatzung 
vorhanden ist. 
  
  
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