württemb ergische Agrarverhältnisse. 241
So erklärt sich der jetzige Zustand der Dinge und das
plötzliche Eintreten eines Nothstandes, der nur von Wenigen für
einzelne Distrikte gefürchtet worden war, den aber in solcher
Allgemeinheit Niemand erwartet hatte. So erklärt sich nament-
lich auch, wie die gleiche liberale Gesetzgebung in den früheren
Menschenaltern keine schlimmen Wirkungen äussern, sogar durch
Erweckung zur intensivsten Thätigkeit heilsam wirken konnte,
welche jetzt bei allmählich veränderten Verhältnissen und bei un-
genügender Besonnenheit und Selbstbeherrschung des Volks selbst
sich als schädlich erwiesen hat. Und man glaube nur nicht, dass
zur Wiederkehr des Glückes gar nichts nölhig sei, als ein paar
gute Frucht- und Weinerndien, die Wiederherstellung des land-
wirthschaftlichen Kredils, höhere Holzpreise und das Aufhören
der Kartoffelkrankheit. Das Alles wird wiederkommen und es
wird allerdings damit der äussere Nothstand in seinem jetzigen
Umfang verschwinden. So lange aber die Basis unsrer Agrar-
zustände keine bessere wird, müssen nothwendig mit dem
Eintreten neuer Misserndten und Verkehrssiörungen auch neue
Nothstände wiederkehren und es wird dann, je weiter wir auf
dem jetzigen Wege hinauskommen, je mehr wir das Extrem der
allgemeinen Verkleinerung des bäuerlichen Besitzes erreichen,
auch das Elend um so allgemeiner, um so ärger werden.
Darum also handelt es sich, wenn man nicht überhaupt die
Dinge gehen lassen will, wie sie wollen, weil man entweder das
Princip der Freiheit im socialen Leben um jeden Preis festzu-
halten entschlossen ist, oder weil man an der Möglichkeit einer
Heilung auf dem Weg des positiven Eingreifens durch die Ge-
setzgebung und Verwaltung ganz verzweifelt, — darum, sage
ich, handelt es sich, das System selbst, die Grundlage unserer
landwirthschaftlichen Zustände, zu ändern und sie womöglich
gesunder zu gestalten, damit wir wiederkehrenden Nothzeiten
stärker und kräftiger begegnen und nicht jede eintretende Prü-
fung so schlecht bestehen, wie es mit der gegenwärtigen der
Fall ist.
Das ist aber nur die eine, zunächst die älteren Theile des
Königreichs betreffende, Seite der Frage. Die andere ist die, ob
man diejenigen Distrikte, wo sich hauptsächlich durch das Lehens-
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 2s Heft. 16