958 Nekrolog
ganz neu für ihn, doch zufolge dessen naher Verwandtschaft mit dem der
Landwirthschaft, und seines längeren collegialischen Umganges mit wissen-
schaftlichen Forstmännern, nicht besonders schwer fiel, insoferne ein von
dem bisherigen wesentlich verschiedener, als er hiebei die Bedürfnisse und
Verhältnisse des staatswissenschaftlichen Studiums, überhaupt von künftigen
Staatsmännern, von Polizei- und Finanzbeamten, nicht die von .eigentlichen
Landwirthen, zu berücksichtigen hatte. Diese seine veränderte Stellung
fasste er denn nun aber auch, gleich seinem Vorgänger, nach den von diesem
hierüber ausgesprochenen Grundsätzen !), richtig auf, soferne er in seinen
Vorträgen über die Land- wie über die Forstwirthschaftslehre der Betriebs-
lebre, als der für die Volkswirthschaftslehre sowohl, als für die praktischen
Theile der politischen Oekonomie, die Volkswirthschafts- und die Finanz-
politik, näheren und wichtigeren Grundlage, ein im Verhältniss zu ihrem
Umfang beträchtliches Uebergewicht über die Produktionslehre, als einen
auf sie vornehmlich nur vorbereitenden Wissenszweig, einräumte. In der
wirklichen Ausführung seiner Aufgabe selbst aber mochte er sogar, vermöße
seiner gründlichen Bekanntschaft mit seinen Lehrfächern an sich, und indem
er die in seiner obigen Stellung anzuknüpfenden allgemeinen politischen,
polizeilichen, und finanziellen Fragen rein von dem ihm zukommenden privat-
wirthschaftlichen Standpunkte aus, und ohne Ueberschreitung der hiedurch
bestimmten Gränzen und Ansprüche erörterte, jener in manchen Beziehungen
vollkommener genügen, als sein Vorgänger, der bei nicht ebenso tiefen und‘
speciellen Fachkenntnissen, wie er sie nach längerer rein praktischer Laufbahn
auch nur besitzen konnte, im lebhaften und ‚oft eigentlich stürmischen Drange
seiner Bestrebungen für die ihm so hochwichtigen allgemeinen Interessen der
Land- und Forstwirthschaft, jene Fragen nicht selten, ohne sorgfältige Beach-
tung der aus andern wissenschaftlichen Gebieten abzuleitenden Grundsätze und
Anforderungen, in umfassender Weise zu lösen versucht hatte, und hiedurch
denn zugleich leicht der Gefahr ausgesetzt worden war, die ihm auf seinem
Standpunkte gebührenden Gränzen und Ansprüche zu überschreiten. Dabei
hielt er an seinem allgemeinen wissenschaftlichen, in Hohenheim schon be-
haupteten Standpunkte um so nachdrücklicher fest, als er leider bei seinen Zu-
hörern höhere mathematische und naturwissenschaftliche Kenntnisse am wenig-
sten voraussetzen zu dürfen glaubte ?). Im Uebrigen waren seine Vorträge
gründlich und klar, und wurden von ihm durch praktische Demonstrationen
mittelst der von seinem Vorgänger gegründeten und von ihm selbst vortrefi-
lich weiter gebildeten Modellsammlung, sowie der nach Bedürfniss veran-
stalteten Excursionen auf benachbarte Güter, noch möglichst belebt und ver-
anschaulicht, fanden aber auch demzufolge, unterstützt durch die vielen
anziehenden Seiten des Lehrgegenstandes an sich, einen ungetheilten Beifall.
Die literarische Thätigkeit von Göriz erhielt durch dessen neue lehr-
4) Göriz Schrift: Andenken an Carl Chr. Knaus, S. 10 und 41.
2) Vgl. die Vorrede zu dem unten anzuführenden 4. Bd. von Göriz’s landw. Be-
triebslehre, S. VI.