Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht, 351 
Unter den angegebenen Umständen hat der Betheiligte auf das Da- 
zwischentreten der Oberbehörde einen Anspruch. Auch berück- 
sichtigt die hannöverische Gesetzgebung die natürlichen Ansprüche, 
welche der längere Aufenthalt an einem Orte gewährt; wenn 
auch nicht in dem Umfange, als wir. das für billig erachten. 
Insbesondere wird den Dienstboten und Handwerksgesellen 
die Möglichkeit, eine eigene Heimath zu erwerben, allzusehr be- 
schränkt. Es ist indess klar, dass solche Mängel leicht abge- 
ändert werden können, ohne dass dadurch das Wesentliche des 
Systems irgend berührt wird. 
In Hannover ist noch weniger als in Baiern die Rede davon 
gewesen, die Grundsätze des Domizilwesens aufzugeben, obwohl 
man sich dort mit den umfassendsten Umgestaltungen der ganzen 
Verfassung und Verwaltung, insbesondere auch mit der Verbes- 
serung des Gemeindewesens beschäftigt hat. Allerdings war es 
die Absicht des Ministeriums Stüve, grössere Domizilgemein- 
den zu bilden, und diese auch zur Grundlage der Wahlkörper 
zu machen, allein durch diese conservative Reformmaassregel 
sollten die Grundsätze, deren Erörterung uns beschäftigt hat, 
nicht aufgehoben, sondern vielmehr befestigt und zur Basis der 
Gemeinde- wie der politischen Verfassung erhoben werden. 
——n 
wichtigeren Grundsätze, die bei diesen Entscheidungen. vorgewaltet haben, 
ist durch das Ministerium Stüve veranlasst. 
In der nächsten Verbindung mit dem Domizilwesen steht auch hier das 
Trauscheinwesen. Durch ein Ministerialschreiben vom 5. Oct. 1848, betref- 
fend die Trauscheinspflicht, ist festgestellt: 
„Kein Pfarrer darf eine Trauung oder das Aufgebot eines Inländers 
„vornehmen, bevor nicht eine Bescheinigung der betreffenden Obrigkeit 
„bei ihm eingereicht worden, woraus erhellt, dass die zu Copulirenden 
„oder Aufzubietenden in der (namentlich darin aufgeführten) Gemeinde, 
„wo sie sich niederlassen wollen, aufgenommen werden sollen.“ 
Doch kann auch hier, unerachtet des Widerspruchs der Gemeinden, von 
der Obrigkeit der Trauschein ertheilt werden. Die Grundsätze sind natürlich 
im Wesentlichen die in der 'Domizilordnung vorgeschriebenen. Doch sind 
dieselben in den Verwaltungserlassen etwas näher ausgeführt und bestimmter 
gefasst, wesshalb wir das uns durch freundliche Vermittelung zugekommene 
Ausschreiben der Landdrostei zu Lüneburg in der Anlage IV mit dem Be- 
merken mittheilen, dass von den übrigen Landdrosteien ähnliche Anweisungen 
erlassen sind.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.