über Armenpflege und Heimathsrecht. 953
Auswanderung die natürlichen Neigungen der arbeitenden Klassen
in England, wenigsiens in ihren unteren Schichten, denselben bald
ein ähnliches Schicksal bereiten würden, wie das ist, welchem
die Irländer unterliegen !); es wird anerkannt, dass die banale
Behauptung, jedes Unglück, welches die arb@enden Klassen treffe,
habe eine selbstheilende Kraft, durch die Häufigkeit der das
Gegentheil darthuenden Thatsachen ihre praktische Bedeutung
verloren habe ?):
Selbst gesetzliche Maassregeln zur Beschränkung der Bevöl-
kerungszunahme werden keineswegs für unbedingt verwerflich
erklärt, vielmehr ihre Anwendbarkeit mit vollem Recht nur von
dem Zustand der Silten und der öffentlichen Meinung abhängig
gemacht ?). Im Uebrigen gehen die Forderungen des Engländers
nach der ernsten und strengen Natur seines Volkes noch weit
über das hinaus, was sich durch Gesetze und Verwaltungsmaass-
regeln anordnen, ja selbst durch die Sitte überwachen lässt. Er
dringt in das Gewissen jedes Einzelnen und in das Heiligthum
der Ehe, welches er- von der Herrschaft und Befleckung eines
rein sinnlichen Triebes befreit und gereinigt wissen will. Er
fordert Enthaltsamkeit auch in der Ehe und sieht in einer gänz-
lichen Umwandelung der Begriffe über ihre Pflichten in dieser
Beziehung bei den gebildeten Ständen nicht minder wie bei den
unteren Schichten des Volks die einzig mögliche und befriedi-
gende Lösung der Frage, ob die Menschen auf die Dauer nur
zwischen Krieg oder Hunger und Verzweifelung zu wählen haben ®).
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1) Vergl. am angeführten Orte I, S. 353, 357.
2)-A. a. O. I, 347.
3) A. a. O. I, 383.
4) Siehe am ang. O. S. 377—83. In der 2ten englischen Ausgabe heisst
es sogar (Vol. I, p. 457): „Little improvement can be expected in mo-
rality until the producing large families is regarded with the same feelings
as overfondness for wine or any other physical excess. But while the ari-
stocracy and clergy are foremost to set the example of incontinence, what
can be expected from the poor?“ — Hier geht der Verfasser offenbar zu
weit, da sich’abstrakte Regeln so wenig für die Z ahl der Kinder aufstellen
lassen, welche man zur eigenen Freude, zu ihrer gegenseitigen Förderung
und zum Besten des Vaterlandes aufzuerziehen vermag, als man die Grenzen
eines noch wohlthätigen Aufwandes in bestimmten Summen angeben kann.
Allein eben so gewiss hat der Verfasser Recht, wenn er es für ein übel