über Armenpflege und Heimathsrecht. 359
aus denselben keine Störung des gewerblichen Lebens und kein
nachtheiliger Einfluss auf die Sitten der arbeitenden Classen her-
vorgehen soll.
Wir haben indess die Grenzen, welche dem Umfange un-
serer Untersuchungen gesteckt sind, schon zu weit überschritten,
als wir jetzt in weitere Erörterungen hierüber eingehen könnten.
Wir müssen uns diess für eine andere Zeit und Gelegenheit vor-
behalten.
Für jetzt ‘werden wir genug erreicht zu haben . glauben,
wenn es uns gelungen ist, zur Würdigung der wichtigen und
umfassenden Massregeln einen Beitrag zu liefern, deren Betrach-
tung uns ausführlich beschäftigt hat: der Aufhebung der gesetz-
lichen Armenpflege, der allgemeinen Einrichtung von Spar-
und Unterstützungskassen und der Bildung von Domi-
zilgemeinden.
Beilage I.
Aus einem landräthlichen Bericht an die Regierung zu Marienwerder
über den Zustand der Armenpflege.
„Niemand, der mit Handhabung unserer Armengesetze längere Zeit
zu thun gehabt, oder aus menschenfreundlicher Theilnahme den dermaligen
Zustand unserer offiziellen Armenpflege — und von einer andern kanu
wenig die Rede sein — näher beobachtet hat, wird darüber in Zweifel
sein, dass diese Aufgabe jetzt höchst mangelhaft gelöset wird.
Die städtische Armenpflege.
Wohl findet man in den Städten meistentheils eine formell geregelte
Armenpflege und jährlich fast schreibt der Etat der städtisch®h Armenver-
waltungen zu gerechter Besorgniss der Kontribuenten höher an. Aber die
verabfolgten Unterstützungsbeträge sind da, wo wirklich Hilfslosigkeit ein-
‚getreten, meistens so ungenügend, dass der Arme dabei zu Grunde gehen
oder sich daneben auch aufs Betteln legen muss, und hierin in der Regel
einer der Autorität des Gesetzes nicht eben vortheilhaften Nachsicht begegnet.
Andrerseits weiss so mancher eine monatliche Gabe zu erbitten oder auch
zu erirotzen, der bei ernstlicher Anstrengung seiner physischen und mora-
lischen Kräfte, bei Fleiss und Sparsamkeit sich noch forthelfen könnte und
würde, wenn ihm statt der bequemen baaren Unterstützung nur eine Stelle
in einem streng geordneten Arbeitshause offerirt würde.
An einer der Verarmung vorbeugenden Fürsorge, die zu rechter Zeit
geübt, so viele erwerbsfähig erhalten.und den Armenfonds einen viel grösseren
Zeitschr, für Staatsw. 4853. 3s Heft. 24