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einem andern Dorfe abgeladen werden, ist keine Seltenheit. Hierzu kommt
nun die wirkliche Unzulänglichkeit so vieler Ortsverbände, die oft nur aus
wenigen Bauern oder aus unbemittelten Käthnern und Einwohnern bestehen,
welche selbst kaum das Leben haben. Dennoch sind diejenigen Bedürftigen,
die den ärmsten Kommunen angehören, so wie die nach den Kriterien
des Armengesetzes Heimathslosen gerade am glücklichsten zu
schätzen. Denn hier tritt der Landarmenfonds ein, der die Armen
unvergleichlich besser honorirt, als die wohlhabendsten Kommunen.
Der Landarmenverband.
Die Verbindlichkeit des Landarmenfonds für die unbemittelten Kommunen
einzutreten, datirt erst seit dem 31. December 1842. Aber es wird bei der
grossen Menge solcher Kommunen davon nothgedrungen ein so lebhafter
Gebrauch gemacht und die Zuhl der heimathlosen Armen ist bei der wach-
senden Beweglichkeit der Arbeiterklasse und der zunehmenden Bekanntschaft
mit dieser Hilfsquelle so im Zunehmen, dass der Landarmenfonds bestimmt
zu sein scheint, unserm Vaterlande dieselben Erfahrungen zu bereiten, die
England mit der Armentaxe gemacht hat. An fortlaufenden Unterstützungen
aus dem Landarmenfonds sind nach einer Bekanntmachung im diesjährigen
Amtsblatt gezahlt: 1844 — 9455 Rihlr.; 1845 — 10,114 Rihir.; 1846 —
10,887 Rihlr.; 1847 — 13,361 Rıhlr.; 1848 — 14,095 Rihlr.; 1849 —
14,500 Rthlr,
Zu dieser bedenklichen Progression trägt aber die ungenügende Orga-
nisation der Verwaltung dieses Fonds nicht wenig bei. Drei Mitglieder einer
kreisständischen Landarmenkommission geben in der Regel durch schrift-
liches Votiren die der Entscheidung zu Grunde liegenden Gutachten über
Unterstützungsgesuche Heimathloser oder unbemittelten Kommunen ange-
höriger Armen ab, und es kann bei dem grossen Umfang der meisten
Kreise von keinem lebendigeren Eingehen auf das Bedürfniss und noch
weniger von der Kontrole seiner Fortdauer die Rede sein. Nicht allein
aber die Aussicht auf bessere Unterstützung, sondern noch mehr die leicht
in Wirkung tretende Bemühung der ländlichen Ortsverbände , sich Personen
fern zu halten, deren Verarmung sie bevorstehen sehen, muss den Zudrang
bei dem Landarmen- und dem städtischen Armenverwaltungsfonds beständig
vermehren. Dem alternden oder kränkelnden Einwohner verlängert der
Gutsherr den Kontract nicht. Dorfbewohner verabreden sich, ihn nicht in
Miethe zu nelımen. So geht er umher und wird, da er überall nur vorüber-
gehend geduldet wird, entweder Landarmer, oder fällt, weun es ihm gelingt
in einer Stadı Wohnung und Arbeitsgelegenheit zu finden, mit seiner meist
zahlreichen Familie früher oder später hier der Armenpflege anheim.
Durch solche Erfahrungen gereizt, suchen nun oft auch die Städte Per-
sonen, die, obwohl noch erwerbsfähig, doch ihre nicht ferne Verarmung
fürchten lassen , auf jede Weise den Anzug zu erschweren oder sie wieder
los zu werden und Mancher, der sich noch längere Zeit helfen könnte, wird
dadurch mit der grössten Härte erst hilflos gemacht, Welcher Gesinnungs-