Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

in Hinblick auf den Anschluss an den Zollverein. 375 
berg, Baden, Nassau, Frankfurt völlig freie Bewegung in seinen 
nächsten Umgebungen gewinnen. 
In den würlttembergischen Kammern erhob sich anfangs eine 
sehr scharfe und heftige Opposition. Ein hervorragendes Mitglied 
der zweilen Kammer (ein späterer Minister) erklärte sich gegen 
den Anschluss, weil Württemberg in politischer Hinsicht offenbar 
nichts gewinne, die commerciellen Vortheile noch ungewiss, 
mehrere sehr erhebliche Nachtheile aber gewiss seien. Ein an- 
deres gleichfalls bedeutendes Mitglied fand die Idee, Deutschlands 
Verkehrseinheit zu verwirklichen, zwar lobenswerth; aber einer 
solchen Idee dürften denn doch die materiellen und politischen 
Interessen Würlttembergs nicht zum Opfer gebracht werden; der 
Activhandel Württembergs sei auf Frankreich und die Schweiz 
angewiesen und könne durch den Anschluss nicht befördert wer- 
den. Die Industrie der Rheinlande sei längst erstarkt und die 
erwachende noch in der Kindheit befindliche Industrie Württem- 
bergs solle nun durch unerschwingliche Verbrauchssteuern nieder- 
gedrückt und dazu der mächtigen Concurrenz der Rheinlande 
schutzlos preisgegeben werden !). 
Man vergleiche mit dieser Prophezeiung folgende Stelle in 
Memmingers Beschreibung von Württemberg (3te Auflage, p. 483, 
erschienen 1841): 
„Wir (Württemberger) hören immer mehr auf, Produkte 
und Rohstoffe, so weit sie der Verarbeitung und Veredelung im 
eigenen Lande fähig sind, auszuführen und führen mehr Rohstoffe 
und Naturerzeugnisse ein, theils um sie zu verarbeiten, theils 
um sie zu consumiren. Wenn zugleich wahrzunehmen ist, dass 
die Einfuhr an Gewerbserzeugnissen im Abnehmen, die Ausfuhr 
1) Der erwähnte Hamburger Commissionsbericht referirt ausführlicher 
über jene Kammerverhandlungen und kann dabei die Frage nicht unterdrücken, 
mit welchen Betrachtungen die Männer der Opposition nach 12 Jahren der 
Erfahrung auf ihre Urtheile über das damals noch nicht Erprobte wohl zu- 
rückblicken möchten. Der Bericht macht zugleich auf die merkwürdige 
Erscheinung aufmerksam, dass dieselbe Kammer und in der Kammer grössten- 
theils dieselben Redner, welche damals gegen die hohen Sätze des preussi- 
schen Tarifs sich erklärten, in jüngster Zeit dem Zollvereine seine Lässigkeit 
in Steigerung der Schutzzölle eifernd vorgeworfen. 
Zeitschr. für Staatsw. 1353. 3s Heft. 25
	        
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