Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

416 Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 
beiter ganz übergehen vom Landbau zur Industrie, theils so, dass 
sie beim Ackerbau bleiben, jedoch ihre hier nicht beschäftigten 
Kräfte auf gewerbliche Arbeiten verwenden. Jenes müsste die 
Zahl der Ackerbauer vermindern und dadurch den übrig blei- 
benden Theil in ein richtigeres Verhältniss zu der Arbeitsgelegen- 
heit bringen, welche der Boden giebt; dieses würde dem ver- 
minderten Einkommen .der Familien aus Grund und Boden noch 
gewerblichen Verdienst hinzufügen und dadurch eine Erweiterung 
der bisherigen Nahrungsquellen für dieselben bewirken. 
Dass es sich hier nicht um eine Ausdehnung der Ortsgewerbe 
handeln kann, liegt auf der Hand. Gerade den für den Ortsbe- 
darf arbeitenden Handwerkern geht cs bei uns am schlechtesten. 
Diese zählen wohl verhältnissmässig das stärkste Proletariat in 
ihren Reihen und sind am allerhäufigsten veranlasst, andere Be- 
schäfligungen aufzusuchen. Nur von einer Ausdehnung der Han- 
delsgewerbe kann die Rede seyn, mögen diese nun, wie das 
neuerdings von der Schweiz her bei uns in Aufnahme kommende 
und von der Centralstelle für Gewerbe auf das Löblichste ge- 
pflegte Sticken, die Strohflechterei, das Stricken als häusliche 
Nebenindustrie oder mögen sie als selbstständige Familienindustrie 
oder endlich im engeren Sinn des Worts als Fabrikindustrie be- 
trieben werden. 
Nun versteht es sich von selbst, dass eine beträchtliche Aus- 
dehnung solcher industriellen Geschäfle im höchsten Grade zu 
wünschen, und dass es eine dringende Pflicht ist, mil aller Kraft 
darauf hinzuwirken. Sicherlich aber wäre es ein Irrthum, von 
dieser Seite her eine so ausgiebige Hülfe für unsre eigentliche 
Ackerbaubevölkerung zu erwarten, dass jede andere helfende 
Maassregel dadurch entbehrlich würde. 
Denn, was zunächst die häusliche Nebenindustrie angeht, 
so kann dieselbe nach der Natur der hier vorhandenen Arbeits- 
kräfte und der in Betracht kommenden Gewerbszweige höchstens 
in den rauheren Waldgegenden zu grösserer Bedeutung gelangen, 
wo ein langdauernder Winter zur. Stubenarbeit nöthigt und die 
Ausbildung der technischen Fertigkeit erleichtert. In wärmeren 
Landorten wird diese Art der Industrie gewiss nie mehr als eine 
Beschäftigung für einzelne weibliche und Kinderkräfte bieten und
	        
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