vom Asyle, 467
weil sie etwa neu oder missliebig sind. Jeder Staat ist aus all-
gemeinen Gründen zu ihrer Beachtung verpflichtet, und ihre Ver-
letzung bringt ihn in Gefahr, aus der Zahl der gesitligten und auf
gleicher Stufe des Rechtes, somit auch der gegenseitigen Aner-
kennung, stehenden Genossenschaften gestrichen zu werden. Sie
müssen durch richtigere Aufstellungen widerlegt, oder als Ver-
pflichtung eingeräumt werden.
Zweitens muss aber die Untersuchung, um hinreichend voll-
ständig zu sein, nicht blos die Asylfrage an sich erörtern, son-
dern eine feste Grundlage durch die Prüfung und Feststellung
des ganzen Verhältnisses gewinnen, in welchem ein Staat zu
der Rechtsordnung des Menschengeschlechtes über-
haupt steht. Die Frage, in wie ferne ein Staat verpflichtet
ist, gewisse Handlungen gewisser Menschen gegen einen gewis-
sen Zustand ausserhalb seiner Gränzen zu verhindern, ist nur
ein Theil der viel weiter gehenden Frage: ob und wie weit er
überhaupt eine Verpflichtung zur Herstellung des Rechtes hat?
Alle Beantwortungen jener Frage sind gewagt und ohne sichern
Grund, so lange nicht der höhere Satz feststeht, von welchem
jene nur Ableitungen sind. Möglicherweise können sie voll-
kommen irrig sein, indem sie nicht auf ihre eigene richtige Quelle,
sondern auf ein fremdartiges Verhältniss zurückgeführt werden.
Die im ersten Anblicke vielleicht sehr weit erscheinende Aus-
holung bezahlt sich reichlich; und die vielleicht für ganz ideal
gehaltene Auffassung wird sich als unmittelbar praktisch erweisen.
Steht auf diese Weise fest, was bei einer vernünfligen Auf-
fassung der staatlichen und überhaupt der menschlichen Verhält-
nisse sein soll, dann ist endlich noch der dritte Haupitheil der
ganzen Aufgabe zu lösen: nämlich die Kritik des Beste-
henden. Dass diese auch in Vorschläge zu Aenderungen und
Verbesserungen ausläuft, liegt in der Natur der Sache, und wird
wohl nach umsichtiger Vorbereitung nicht als Anmaassung und
leeres Gerede betrachtet werden ').
1) Die gegenwärtige Abhandlung lag zum Abdrucke bereit, als Berner,
Wirkungskreis des Strafgesetzes nach Zeit, Raum und Personen. Berlin 1853,
erschien. Ich habe diese Schrift mit grosser Theilnahme gelesen, wie es
unter solchen Umständen nicht anders möglich ist, und kann mich über die